Massengrab in Argentinien: Verbrannt und vergraben

Gerichtsmediziner exhumieren Gruben mit verbrannten Knochen in einem ehemaligen Straflager. "Pozo de Arana" war eines von über 500 geheimen Gefangenenlager der Militärdiktatur.

Der Zeuge Jorge Julio López wird seit über zwei Jahren vermisst. Bild: ap

BUENOS AIRES taz Am 10. Dezember feierte Argentinien den 25. Jahrestag der Rückkehr zur Demokratie. Doch just an diesem Tag holte das Land seine grausame Vergangenheit ein. Wie erst jetzt öffentlich bekannt wurde, sind erstmals Überreste verbrannter menschlicher Knochen auf dem Gelände eines ehemaligen geheimen Gefangenenlagers der letzten Militärdiktatur (1976-1983) gefunden worden.

Mehr als 10.000 Fragmente und verbrannte Knochensplitter entdeckten Experten einer gerichtsmedizinischen Arbeitsgruppe auf einem Gelände in der Stadt La Plata in der Provinz Buenos Aires. In den rund 50 Zentimeter tiefen Gruben fanden die Gerichtsmediziner auch die Asche verbrannter Leichen. Zudem wurde eine zehn Meter lange Mauer mit über 200 Einschusslöchern entdeckt - eine Erschießungswand. Eine mögliche Zahl der Personen, deren Überreste in den Gruben liegen, wurde nicht genannt.

Das Gefangenenlager "Pozo de Arana" war eines der über 500 geheimen Lager der Diktatur, in denen gefoltert und gemordet wurde. Das Lager in La Plata, rund 60 Kilometer von der Hauptstadt Buenos Aires entfernt, fiel in den Zuständigkeitsbereich des ehemaligen Chefermittlers der Provinzpolizei Buenos Aires, Miguel Etchecolatz, der wegen Mordes, Freiheitsberaubung und Folter im September 2006 zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.

Die Ausgrabungen hatten im Februar begonnen. Im April wurden die ersten Überreste in einer Grube entdeckt. Später stießen die Experten auf eine weitere Grube, die erheblich mehr verbrannte Überreste und Asche aufwies. "Dies war offensichtlich eine Grube, in der die Körper verbrannt worden waren", so ein Mitarbeiter. Nach Auffassung der Gerichtsmediziner könnten die bereits leblosen Körper in die Gruben geworfen und später verbrannt worden sein. Mehrere Überlebende des Lagers hatten bestätigt, Rauch gesehen zu haben, der von diesem Ort aufstieg.

Dass die Aufklärung dieser Verbrechen von den Behörden nicht gerade befördert wurde, zeigt die Tatsache, dass diese Angaben seit 1998 offiziell bekannt sind. Vor Gericht in La Plata hatten Zeugen wiederholt darauf hingewiesen. Die gerichtsmedizinische Arbeitsgruppe hatte im Pozo de Arana zudem bereits 1996 nach menschlichen Überresten gesucht, aber nicht die Erlaubnis erhalten, das ganze Gelände abzusuchen. Erst im Februar 2008 wurde dies genehmigt.

Pozo de Arana war erst 2003 offiziell als geheimes Gefangenenlager eingestuft worden, nicht zuletzt auf Grund der Zeugenaussage von Jorge Julio López. López war während der Militärdiktatur dort gefangen gehalten und gefoltert worden. Seit dem 18. September 2006 ist Jorge Julio López spurlos verschwunden. Als Zeuge hatte López den verurteilten Miguel Etchecolatz erheblich belastet.

Nach den Worten von Leiter Luis Fondebrider ist "die Arbeit der Gruppe jetzt, das genetische Material der verbrannten Knochenfunde zu sichern und zu identifizieren". Während der argentinischen Militärdiktatur "verschwanden" rund 30.000 Menschen oder wurden nachweislich ermordet.

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