Weniger Emissionen in Deutschland: Klimaziel erreicht

Deutschland hat 2007 die Kioto-Pflicht erfüllt: Die klimaschädlichen Emissionen sind um 22 Prozent geringer als 1990. Im Stromsektor aber steigt der Ausstoß.

Gegen den Klimakiller Kohle: Greenpreace-Protest im Oktober 2008. Bild: dpa

Vier Jahre vor dem Stichtag hat die Bundesrepublik erstmals ihre Verpflichtungen aus dem Kioto-Protokoll erfüllt: 2007 stießen Haushalte, Industrie und Verkehr 22,4 Prozent weniger Treibhausgase aus als im Basisjahr 1990, teilte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Freitag mit. Im Kioto-Abkommen hatte Deutschland sich 1997 verpflichtet, die Emissionen bis 2012 im Vergleich zu 1990 um 21 Prozent zu mindern.

Die jüngste Aufstellung des Umweltbundesamtes zeigt, dass private Haushalte, Verkehr und Landwirtschaft ihre Emissionen verringert haben. Auch die Industrie verzeichnet einen Rückgang, der jedoch vor allem durch den Zusammenbruch der energieintensiven DDR-Wirtschaft begründet ist. Im Stromsektor hingegen steigen die Emissionen seit 1999 durchgängig.

Gabriel räumte ein, dass für die guten Ergebnisse des Jahres 2007 auch der milde Winter 2006/2007 und die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Jahreswechsel eine Rolle spielten. Denn Hausbesitzer hatten sich noch Ende 2006 mit Heizöl eingedeckt. Deshalb rechnen Experten damit, dass der Kohlendioxidausstoß 2008 wieder leicht steigen dürfte. Um den internationalen Verpflichtungen Rechnung zu tragen, muss Deutschland aber die niedrigen Emissionswerte auch noch in den Jahren 2008 bis 2012 halten.

Die guten Zahlen kommen für die CDU und die Industrie zum richtigen Zeitpunkt: In 14 Tagen wollen die 27 Staats- und Regierungschefs das EU-Klimapaket beschließen, in dem es auch um die nächste Handelsperiode im Zertifikatemarkt geht. Gegen die Pläne der EU, die Emissionszertifikate für die Stromwirtschaft künftig komplett zu versteigern, laufen die Energiekonzerne Sturm. Wenn sie für ihre Abgase zahlen müssten, würden die Strompreise steigen, so ihre Argumentation. Das verkrafte die Wirtschaft nicht.

Dem widerspricht Prof. Karin Holm-Müller, stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrates für Umweltfragen der Bundesregierung. "Die Erfahrungen aus den ersten beiden Handelsperioden zeigen, dass die Strompreise auch dann steigen, wenn die Zertifikate verschenkt werden." Denn natürlich habe auch ein geschenktes Zertifikat einen Marktwert, und der werde eingepreist. Kostenlose Zertifikate erhöhten nur die Gewinne der Unternehmen. Das Öko-Institut hat im Auftrag des WWF berechnet, wie groß dies Geschenk an die Konzerne ist: In der zweiten Handelsperiode bis 2012 streichen die vier großen Stromkonzerne jeweils 6 bis 11 Milliarden zusätzlich ein. Holm-Müller: "Dieses Geld zahlt natürlich die Allgemeinheit."

Für ihren Wunsch nach Fortsetzung dieser Umverteilung bekommen die Konzerne nun offenbar Unterstützung: Aus Verhandlungskreisen heißt es, es gebe Überlegungen, zunächst lediglich die Hälfte der Zertifikate für die Stromwirtschaft zu versteigern. Ein entsprechender Initiativantrag soll für den CDU-Parteitag an diesem Wochenende vorbereitet worden.

Die SPD lehnt diese Zugeständnisse an die Stromkonzerne ab: "Für die deutsche Verhandlungsposition gilt: Im Stromsektor werden 100 Prozent der Zertifikate versteigert", sagte Frank Schwabe, klimapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der taz. Dazu gebe es einen Bundestagsbeschluss vom Mai. Aus Verhandlungskreisen hieß es, die Union blockiere nun aber einen Antrag zu dieser deutschen Position bei den Klimaverhandlungen in Poznan und Brüssel. SPD-Umweltpolitiker Michael Müller: "Wenn wir jetzt in Deutschland Lobbyinteressen nachgeben, gefährden wir die Ergebnisse beider Verhandlungen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.