Parlament billigt Homo-Ehen mit überraschender Mehrheit

GROSSBRITANNIEN Auch auf der Insel hat man jetzt einen Schritt in Richtung Emanzipation vollzogen

AUS DUBLIN RALF SOTSCHECK

Das britische Unterhaus hat am Dienstagabend mit überwältigender Mehrheit dafür gestimmt, homosexuellen Paaren die standesamtliche Eheschließung zu ermöglichen. Mit 400 zu 175 Stimmen fiel das Ergebnis überraschend deutlich aus und wurde mit Applaus begrüßt. Nick Clegg, Chef der Liberalen Demokraten, der das Gesetz in den Koalitionsvertrag mit den Tories eingebracht hatte, sprach von einem „Meilenstein für die Gleichberechtigung“. Premierminister David Cameron, der sich zwar für ein Ja eingesetzt, aber keinen Fraktionszwang verhängt hatte, bezeichnete die Entscheidung als „Schritt nach vorne für unser Land“. Ob es auch ein Schritt nach vorne für ihn selbst ist, bleibt abzuwarten: Die Tory-Befürworter sozialer Reformen warfen ihm vor, nicht energischer für das Gesetz eingetreten zu sein, die Gegner warnten ihn, dass er mit seiner Haltung auf dem besten Weg sei, die Partei zu spalten.

Nicht mal die Hälfte der Tory-Abgeordneten stimmte für das Gesetz. Einer der Gegner, Roger Gale, verglich das Gesetz gar mit einer Eheerlaubnis für Geschwister. Da aber die Liberalen und die Labour Party das Gesetz nahezu geschlossen unterstützten, war es nie gefährdet.

Kirchen mit Vorbehalten

Das Gesetz muss noch vom Oberhaus bestätigt werden. „Die nächste große Schlacht findet im House of Lords statt, wo das Ergebnis keineswegs feststeht“, sagte der Menschenrechtsaktivist Peter Tatchell. „Die Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe haben zum letzten Gefecht gerufen, um die Diskriminierung aufrechtzuerhalten.“ Sollte es auch vom Oberhaus abgesegnet werden, soll das Gesetz zum 1. Januar 2014 in Kraft treten.

Dann dürfen Schwule und Lesben theoretisch auch kirchlich heiraten. Den Kirchen ist es jedoch freigestellt, ob sie da mitspielen. Während liberale Juden und Quäker das Gesetz begrüßen, lehnen es die protestantische Church of England sowie die katholische Kirche ab. Der Bischof von Southwark, Peter Smith, wetterte gegen die Entscheidung und sagte: „Die Ehe ist in der Komplementarität von Mann und Frau verwurzelt.“ Bei dem Gesetz gehe es darum, die Ehe neu zu definieren. Die Haltung des Bischofs dürfte eine Minderheitsmeinung sein.