Neue Vorwürfe gegen Ex-Schatzmeister: Ermittler durchsuchen NPD-Zentrale

Im Finanzskandal der rechtsextremen Partei filzen Beamte die Geschäftsstelle. Der Hintergrund sind Ermittlungen gegen den Exschatzmeister Erwin Kemna.

Hier sitzen Rechtsextreme: Fahne im Hof der NPD-Parteizentrale. Bild: dpa

BERLIN taz Der Finanzskandal der NPD erreicht einen Höhepunkt: Am Montagmorgen haben Zivilbeamte die NPD-Bundeszentrale in Berlin durchsucht. Um 9 Uhr standen Kriminalbeamte aus Nordrhein-Westfalen vor dem Gebäude in der Seelenbinderstraße, um Informationen über die rechte Partei zu sammeln.

Die Staatsanwaltschaft Münster wirft dem ehemaligen NPD-Bundesschatzmeister Erwin Kemna vor, gegen das Parteiengesetz verstoßen zu haben. Die NPD hält sich bedeckt. "Genauere Einzelheiten kann ich nicht sagen", sagt Sprecher Klaus Beier.

Die Vorhaltungen der Staatsanwaltschaft können die Partei nachhaltig belasten. "In den letzten Jahren hat Kemna dem Bundestag Rechenschaftsberichte vorgelegt, die nicht den Vorschriften des Parteiengesetzes entsprachen", heißt es bei der Staatsanwaltschaft Münster. Sie ist zuständig, weil Kemna aus Ladbergen in Westfalen kommt. Trifft der Vorwurf, müsste die Partei vielleicht große Summen zurückzahlen - zurzeit erhält die NPD rund 1,45 Millionen Euro jährlich vom Staat.

Die Durchsuchungen dürften die NPD nicht überraschen. Im Rahmen eines früheren Ermittlungsverfahrens gegen Kemna hatte Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer bereits angedeutet: "Es laufen ein abgetrenntes Verfahren und weitere Ermittlungen."

Am 12. September dieses Jahres hatte das Landgericht Münster den langjährigen Schatzmeister wegen Veruntreuung von über 710.000 Euro zu zwei Jahren Haft und acht Monaten verurteilt. Über mehrere Konten hat Kemna das Parteigeld zwischen 2004 und 2007 auf die Konten seiner Küchenfirma umgeleitet. Lange schwieg Kemna in der Untersuchungshaft. Geduldig stand der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt hinter seinem langjährigen Parteifreund und engen Vertrauten. Vor Gericht räumte Kemna dann jedoch die Vorwürfe ein. Das Gericht fand das Geständnis glaubwürdig, betonte aber, der Mangel an parteiinterner Kontrolle bringe eine Mitverantwortlichkeit mit sich. Seit dem 24. September ist das Urteil gegen Kemna rechtskräftig.

In der rechten Partei wird deshalb auch die Kritik an der Führung lauter. So richten sich die Ermittlungen zwar gegen Kemna, sie treffen aber auch Voigt. Der mecklenburg-vorpommerische NPD-Fraktionschef Udo Pastörs sagte schon vor Monaten: "Wenn bei mir Fraktionsgelder wegkommen würden, dann müsste ich zurücktreten." Er kritisierte einen "Skandal erster Ordnung". Vor ein paar Wochen verließ der niedersächsische NPD-Landesvize Andreas Molau den Bundesvorstand, da die Bundesführung keine Verantwortung dafür übernehme, dass ihr lange geschätzter Schatzmeister ohne jede Kontrolle das Parteivermögen verwaltete. "Das", sagte Molau, "kann ich nach meinen moralischen Vorstellungen nicht mittragen." Weitere Kritik folgte.

Am Wochenende zog die Bundesführung die Notbremse. Als Konsequenz des Finanzskandals hatte Voigt versprochen, Ende 2009 einen Sonderparteitag auszurichten, um die Bundesführung neu zu wählen. Nun soll der Parteitag bis Ende März kommenden Jahres stattfinden. In einem Parteischreiben heißt es: "Klären wir nach innen sachlich unseren Besprechungsbedarf, und zeigen wir nach außen Geschlossenheit, die als Garant für kommende Wahlerfolge unabdingbar ist."

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