Kommentar IG-Metall: Finanzkrise besiegt IG-Metall

Der Tarifabschluss der IG-Metall ist eine Riesenenttäuschung. Hätte das Unternehmen die krafthuberische Methode angewandt, wäre die Enttäuschung nur noch größer geworden.

Der Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie ist für die Beschäftigten der Branche eine Enttäuschung. Mit 4,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt plus Einmalzahlungen liegt das Ergebnis von Sindelfingen zwar auf dem Niveau der Einkommenserhöhung von 2007 - damals gab es 4,1 Prozent plus Einmalzahlungen. Gefordert hatte die IG Metall 2007 aber lediglich 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt, in diesem Jahr waren es 8 Prozent. Seit 16 Jahren war die IG Metall nicht mehr so hoch eingestiegen - nun hat sie die größtmögliche Enttäuschung erlebt.

Denn die Bilanz ist ernüchternd: Die Unternehmen verzeichneten in den Boomjahren von 2004 bis 2008 erstaunliche Gewinne - und die 3,6 Millionen Arbeitnehmer der Branche profitieren in Relation nur im minimalen Prozentbereich. Dass die Metall-Lohnerhöhungen der vergangenen Jahre die höchsten aller Branchen in Deutschland waren, ist da kein Trost.

Tarifrunden sind für die IG Metall immer ein Spagat zwischen forscher Kraftmeierei und kühler Mathematik. Sie ist die stärkste Einzelgewerkschaft in Deutschland, hat den höchsten Mobilisierungsgrad - und muss ihre Stärke durch deftige Worte gegen die Arbeitgeber und durch Warnstreiks auch unter Beweis stellen. Die damit geweckten Erwartungen ihrer Mitglieder muss sie andererseits abkühlen, wenn es bei der entscheidenden Tarifverhandlung um den Abschluss geht. In Sindelfingen dominierten jetzt die Mathematiker, die herausfinden mussten, was der eigenen Klientel gerade noch vermittelbar ist - weil jede Kraftmeierei der Gewerkschaft angesichts der Krise ins Leere gelaufen wäre.

Aber was hätte die IG Metall tun sollen? Die 8-Prozent-Forderung hatte sie vor Beginn der Finanzkrise gestellt, und IG-Metall-Chef Huber ist von ihr auch nie abgerückt. Doch schon Wochen vor den ersten Warnstreiks bot er den Arbeitgebern ein Entgegenkommen bei der Laufzeit des Abschlusses an. Ein so frühes Einknicken war ein Novum. Nur: Mit der krafthuberischen Alternative - Scheitern der Verhandlungen, Urabstimmung, unbefristete Streiks - hätte die IG Metall die Erwartungen noch einmal immens erhöht, aber die Enttäuschung am Ende nur vergrößert.

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