Porträt Nir Barkat: Ein Unternehmer für Jerusalem

Der neue Bürgermeister von Jerusalem, Nir Barkat, ist das kleinere Übel für die Bevölkerung. Trotzdem stehen die Palästinenser, ein Drittel der Bevölkerung, ganz unten auf seiner Agenda.

Gestatten, Jerusalems neuer Bürgermeister: Nir Barkat. Bild: ap

Die Stadt Jerusalem hat wieder einen weltlichen Bürgermeister. Der 49-jährige Nir Barkat übernimmt ab sofort das Kommando im Rathaus der umkämpften Stadt. Das Ergebnis der Kommunalwahlen sei ein "Sieg für Jerusalem, ein Sieg für Israel und für das jüdische Volk". Damit signalisiert Barkat schon, dass er nicht, wie versprochen, Bürgermeister aller Bürger sein wird. Die Palästinenser im Osten Jerusalems, die rund ein Drittel der Bevölkerung ausmachen, stehen ganz unten auf seiner Agenda.

Mit Bauchschmerzen dürften einige zigtausend Bewohner der Stadt ihre Stimmzettel eingeworfen haben. Die Kandidatenauswahl blieb auf das Spektrum von rechtsnational bis rechtsreligiös reduziert. Für Linke hatte Jerusalem nichts im Angebot. Beim Machtkampf zwischen weltlichen und frommen Juden entschieden sie sich für das kleinere Übel.

Barkat ist das Ergebnis einer Anti-Wahl gegen die wachsende religiöse Macht, die in Form des ultraorthodoxen Rabbiners Meir Porusch vertreten war. Porusch erreichte Platz zwei, während der russischstämmige Multimilliardär Arkadi Gaidamak weit abgeschlagen nur auf 3,5 Prozent der Stimmen kam. Er hatte sich als einziger Kandidat um die Stimmen der Palästinenser bemüht. Die meisten waren jedoch dem Boykottaufruf der palästinensischen Führung gefolgt.

Barkat, Vater dreier Töchter, hat große Pläne für die "Metropole Jerusalem", will Unternehmen ansiedeln, die Arbeitslosigkeit bekämpfen und gleichzeitig das Wohnungsproblem für die verarmte Bevölkerungsschicht lösen. Dass ihm einiges gelingen könnte, lässt seine Erfolgsgeschichte hoffen. Er stand immer in der ersten Reihe, diente in der Armee als Fallschirmspringer und machte nach seinem Informatik-Studium mit der Entwicklung der ersten Anti-Viren-Programme für Computer schnell das große Geld.

"Er hat im letzten Jahr eine sich zuspitzende Rechtswende gemacht", berichtet Saar Netanel, Stadtratsvertreter der linken Meretz, über seinen langjährigen Kollegen im Rathaus. Netanel verwundert es deshalb nicht, dass Barkat den Ausbau Ostjerusalems gutheißt, um Wohnraum für jüdische Israelis zu schaffen. Sein Kniefall vor den rechten Wählern könnte jedoch auch strategische Gründe haben. Ohnehin entscheidet über den Neubau jüdischer Siedlungen nicht die Stadtverwaltung, sondern die Regierung.

Netanel zeigt sich trotz allem zuversichtlich. Ideal wäre, so meint der Meretz-Politiker, wenn es jetzt "eine Koalition ohne Ultraorthodoxe" gäbe, mit der Jerusalem "für die weltliche Bevölkerung wieder attraktiver gemacht werden könnte".

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