Angriff auf Marktführer Skype: Google lässt chatten

Der Online-Riese Google ergänzt sein E-Mail-Angebot um eine direkte Kontaktmöglichkeit per Mikrofon und Kamera. Die Nutzung erfolgt direkt im Browser.

Expansionsstrategie wird fortgesetzt: Google. Bild: dpa

BERLIN taz Der Suchmaschinenkonzern Google hat seinen Postdienst um eine Video- und Audio-Plauderfunktion ergänzt. "Voice and Video Chat" genannt, integriert sich der Dienst direkt ins Browser-Fenster; andere Nutzer, die die Technik ebenfalls nutzen, sind damit über wenige Mausklicks erreichbar. Ähnlich wie bei anderen Multimedia-Chat-Diensten auch ist die Nutzung kostenlos. Zur Nutzung reicht die heute bei vielen Notebooks eingebaute Webcam und ein Mikrofon.

Google hat zum Start seines Dienstes einen guten Zeitpunkt gewählt: Technisch gesehen könnte die Integration von Multimedia-Diensten direkt ins Web heutzutage kaum einfacher durchführbar sein: Die Animationssoftware Flash, die inzwischen auf nahezu jedem Rechner vorinstalliert ist, bietet in ihren jüngsten Versionen die Möglichkeit, auf angeschlossene Kameras und Mikrofone zuzugreifen, ohne dass man den Browser verlassen müsste. So bietet etwa die Google-Tochter YouTube eine Funktion, bei der man seinen Videoclip ohne jegliche zusätzliche Software direkt ins Netz hineinsprechen kann.

Ganz so leicht macht es der Internet-Konzern den Nutzern bei seinem neuen Plauderservice dann allerdings doch nicht: Weil dieser offensichtlich noch mehr Funktionen benötigt als bei Flash verfügbar, müssen sie sich ein wenige Megabyte großes Plug-in für ihre Web-Software herunterladen, was jedoch nur wenige Sekunden dauert. Und: Im Gegensatz zu anderen Google-Diensten wie der 3D-Welt "Lively" oder dem Browser "Chrome" achtete das Unternehmen diesmal streng darauf, die Technologie nicht nur für Windows-PCs verfügbar zu machen - auch die aktuell im stürmischen Aufschwung befindliche Macintosh-Fraktion wird vom Start weg unterstützt. Nur Linux-Nutzer müssen zunächst draußen bleiben.

Google setzt mit "Voice and Video Chat" seine Expansionsstrategie, bei der neue Funktionen in bereits erfolgreiche Angebote integriert werden, fort. So besaß der Postdienst Google Mail, der heute über mindestens 113 Millionen Nutzer verfügen soll, anfangs nur eine reine E-Mail-Funktion, wurde dann später aber um ein Textchat-Feature aufgebohrt, das die Nutzer ebenfalls direkt im Browser verwenden konnten. In kurzer Zeit wurde Google so zu einem der größten Mitspieler im Instant Messaging-Markt. Ein ähnliches Aufrollen bestehender Strukturen könnte nun auch im Sprach- und Video-Chat-Bereich folgen. Zwar bietet Google mit "Google Talk" bereits seit einiger Zeit einen entsprechenden Dienst an, den man sich mit Hilfe einer Client-Software auf den Windows-PC holen kann, doch die neue Integration in Google Mail dürfte für eine wesentlich stärkere und vor allem schnellere Verbreitung sorgen.

Als Hauptkonkurrenten, den es zu überholen gilt, dürfte sich Google dabei Skype ausgesucht haben. Mit über 270 Millionen Nutzern ist die Tochter des Online-Auktionshauses eBay weltweit zweitgrößter Telekommunikationsdienstleister hinter der chinesischen Telekom, kämpft allerdings noch immer um eine gewinnbringende Integration bei ihrer Mutterfirma. Sogar Verkaufsgerüchte machten in den letzten Monaten vermehrt die Runde, zumal sich die ursprüngliche Vision, dass Internet-Telefoniefirmen die großen Telekommunikationskonzerne ablösen würden, bislang nicht verwirklicht hat. (Stattdessen stellen die ihre Technik schrittweise auf kostengünstigere Internet-Technik um, darunter auch die Deutsche Telekom.)

Im Gegensatz zu "Voice and Video Chat" wird für Skype außerdem eine eigene Software benötigt, die ständig auf dem Rechner laufen muss, um Anrufe entgegen zu nehmen. Einen Vorteil hat der Anbieter gegenüber Google allerdings: Neben der größeren Verbreitung lassen sich mit Skype auch Anrufe ins reguläre Fest- und Mobilfunknetz tätigen sowie SMS verschicken. Dazu muss man seinen Account vorher allerdings mit realem Geld aufladen, was für Skype inzwischen die Haupteinnahmequelle darstellt. Googles Plauderservice soll hingegen bis auf weiteres kostenlos und werbefinanziert bleiben, hierzu wird die bei Google Mail bereits bekannte Textreklame weiterverwendet.

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