Sängerin Miriam Makeba gestorben: Der erste afrikanische Star

Miriam Makeba war die erste afrikanische Sängerin, die im Westen berühmt wurde. "Pata Pata" war ein Welthit. Montagnacht ist sie gestorben.

"Das soll Politik sein? Ich habe immer nur vom Leben in den Townships, im wahren Afrika gesungen": Miriam Makeba. Bild: dpa

Das war vor 40 Jahren im deutschen Radio ein ganz anderer Ton. Kein Schlager, auch kein Beat, ein Rhythmus, ein Gesang, der allenfalls von Kennern als nah am Gospel identifiziert werden mochte - aber für europäischen Kirchengesang war "Pata Pata" wiederum viel zu unruhig, kontemplativ jedenfalls nicht. Die Sängerin wurde als Miriam Makeba vorgestellt, gelegentlich wurde Südafrika als ihre Heimat benannt - doch in diese durfte sie längst nicht mehr einreisen, frechte, aufmüpfige Tochter des Landes, performende Antiapartheidkämpferin. In den USA war sie längst eine Marke, ein Teil der populären Kultur, der Bürgerrechtsbewegung, eine Entsandte aus einem brutalen Land: oben die Herrenmenschen, weiß, unten der Rest, das Gesinde, schwarz: Südafrika.

Miriam Makeba, am 4. März 1932 in einem Township Johannesburgs geboren, begann als junge Frau ihre Karriere als Musikern, Sängerin in erster Linie. Was sie mit ihrer ersten Band, The Skylarks, anbot, war das, wofür sie auch später ästhetisch zu stehen begann: eine Mixtur aus Jazz und dem, was früher Folklore genannt wurde, Makeba nannte es selbst "Mischmasch aus allen möglichen Township-Klängen". Aber das Land war ihr zu klein. Ihre Gagen fielen stets niedriger aus als die ihrer Kollegen. Das gesellschaftliche System, bekundete sie lautstark, war ihr ein Gräuel. Die Schule, erzählte sie einem Reporter des Guardian, habe sie verlassen müssen, um in den Familien ihrer Klassenkameraden als Magd oder Kindermädchen zu arbeiten: ein für sie inakzeptables Schicksal.

1959 tourte sie mit ihrem Musikangebot durch die USA - ein wenig berühmt wurde sie dort, als sie für den Antiapartheids-Dokumentationsfilm "Come Back, Africa" zwei Lieder beitrug. So wurde Harry Belafonte auf sie aufmerksam. Er suchte ihr in den USA wie in Europa einige Türen zu öffnen. Ihr gemeinsames Album "An Evening with Belafonte/Makeba" gewann den Grammy: Die Südafrikanerin war der erste Popstar Afrikas geworden - im Bewusstsein der Weißen in den reichen Ländern. Der Song "Pata Pata" unterstrich diesen Rang - in vielen Ländern erklomm er die Hitparaden: Aus der Makeba wurde für Radioansager ein gern tituliertes "Mama Africa" - ein Label, das sie selbst eher ungern hörte. Neulich noch bekannte sie in einem Interview, nie verstanden zu haben, weshalb man sie als politische Sängerin einordnete. "Was solls? Das soll Politik sein? Ich habe immer nur vom Leben in den Townships, im wahren Afrika gesungen - wenn das schon Politik ist, ist es schlimm um die Verhältnisse bestellt. Ich singe nur Lieder."

Makeba, die in den USA, beraten von Belafonte, auf allzu grobkörnige, lautstarke Gesten gegen Rassismus und Apartheid verzichtete, um den empfindsamen weißen Mainstream nicht zu verstören, bekam das Misstrauen gegen Schwarze doch in einem Moment zu spüren, der ihr selbst in der Erinnerung nur als einer der Liebe galt: 1968 heiratete sie den radikalen Bürgerrechtler Stokely Carmichael - was ihr viele Jahre die Karriere in den USA kostete. Aber in jenen Jahren war sie längst eine große Nummer im Showzirkus der linksliberalen Welt. Selbst den Kummer über ihre Expatriierung aus Südafrika ("Ich habe niemanden geschlagen? Warum darf ich dann nicht in meine Heimat zurück?") im Jahre 1960 konnte sie auf einer Woge der Solidarität zur Ruhe kommen lassen. Sie war eine Celebrity, die bei John F. Kennedys Geburtstag in New Yorks Madison Square Garden sang, sie war auch vor dem Plenum der Vereinten Nationen, die Stimme eines Afrika, das sich vom Kolonialismus zu befreien und Gehör über den eigenen Kontinent hinaus suchte.

Makeba konnte erst 1990 von Nelson Mandela überredet werden, nach Südafrika zurückzukehren; ihren Pass erhielt sie selbstverständlich zurück. Sie hat in popästhetischer Hinsicht vielleicht ihr größtes Verdient errungen: anderen afrikanischen Musikern ein Entree in Europa und Nordamerika zu verschaffen - unter dem Label "Weltmusik".

Vorgestern sang sie im italienischen Castel Volturno bei einem Solidaritätskonzert für Roberto Saviano, Autor eines Antimafiaromans. Makeba brach auf der Bühne mit einem Herzinfarkt zusammen. Sie starb in den Morgenstunden des Montags. Sie wurde 76 Jahre alt.

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