Ruandas Protokollchefin in Frankfurt verhaftet: Spitzenpolitikerin in Auslieferungshaft

Die deutsche Polizei nimmt eine ruandische Diplomatin in Frankfurt fest. Der Grund: In Frankreich läuft ein höchst umstrittenes Ermittlungsverfahren gegen sie.

Rund 5.000 Demonstranten protestieren vor der deutschen Botschaft in Kigali, in Ruanda, gegen die Festnahme von Rose Kabuye. Bild: ap

BERLIN taz Eine kontroverse Festnahme hat eine diplomatische Krise zwischen Ruanda und Deutschland ausgelöst. Die Polizei in Frankfurt verhaftete am Sonntag Rose Kabuye, die Protokollchefin von Ruandas Präsident Paul Kagame, bei der Ankunft am Flughafen und steckte sie in Haft zur Auslieferung nach Frankreich. Ruandas Regierung protestierte umgehend scharf gegen "die Behandlung der staatlichen Protokolldirektorin, die Diplomatenstatus und einen Diplomatenpass hält und daher diplomatische Immunität genießt".

In Ruandas Hauptstadt Kigali bekamen Staatsbedienstete gestern frei, um gegen Deutschland demonstrieren zu können. Es kam trotz Regens zu Protesten vor der deutschen Botschaft.

Ruandas Regierung sagt, dass Kabuye in offizieller Mission gereist war - zur Vorbereitung eines Besuchs von Kagame, der am Montagabend zu einem Vortrag vor der Frankfurter Börse erwartet wurde. Kagame hielt gestern an seiner Reise fest.

Grundlage für die Festnahme ist ein europäischer Haftbefehl, den der französische Untersuchungsrichter Jean-Louis Bruguière im November 2006 gegen Rose Kabuye und acht weitere hohe ruandische Verantwortliche wegen Mordes und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erlassen hatte. Er empfahl außerdem ein Verfahren gegen Ruandas Präsident Kagame. Sie alle sollen am 6. April 1994 für den Abschuss eines Flugzeuges verantwortlich gewesen sein, der Ruandas damaligen Hutu-Präsidenten Juvénal Habyarimana das Leben kostete. Daraufhin hatte mit Massakern an Tutsi durch Hutu-Milizen und Militär der ruandische Völkermord mit über 800.000 Toten begonnen. Bruguière behauptete auf Grundlage von Aussagen ruandischer Exilanten, aber ohne materielle Beweise oder Ermittlungen vor Ort, Kagame und sein Umfeld hätten den Abschuss angeordnet.

Zahlreiche unabhängige Beobachter haben Bruguières Thesen als irreführend kritisiert. Ruanda brach in Reaktion auf das Verfahren die Beziehungen zu Frankreich ab. Der Anwalt der Beschuldigten, der Belgier Bernard Maingain, wirft Bruguière Formfehler vor: So hätten die Beschuldigten etwa keine Gelegenheit bekommen, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Kabuye soll in den nächsten Tagen nach Paris ausgeliefert und einem Haftrichter vorgeführt werden. "Wir werden so schnell wie möglich nach Frankreich gehen, um Zugang zu den Akten zu bekommen", sagt Maingain. "Kabuye ist von ihrer Unschuld überzeugt, und der Haftbefehl behindert seit zwei Jahren ihre Bewegungsfreiheit."

Von deutscher Seite heißt es, man habe aufgrund der EU-Rechtslage keine andere Wahl gehabt, als den Haftbefehl aus Paris zu vollstrecken. Mit Ruandas Justiz ist man kritischer: Letzte Woche ließ die deutsche Justiz einen wegen Beteiligung am Völkermord gesuchten ehemaligen ruandischen Bürgermeister frei, ebenso den Exekutivsekretär der ruandischen Hutu-Miliz FDLR, die für Verbrechen im Kongo verantwortlich ist.

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