Afrikas Bauern in Sorge: "Milch aus Europa ist eine Gefahr"

John Mwemba ist Milchbauer in Sambia. Seinem Betrieb droht das Aus, wenn die EU tatsächlich ab 2015 die Begrenzung der Produktionsmengen abschafft.

Produziert zu viel Milch: Deutsche Milchkuh Bild: dpa

taz: Herr Mwemba, die Europäische Union will 2015 die Milchquote abschaffen. Warum interessiert Sie das?

John Mwemba: Wenn die Quote fällt, wird mehr Milch produziert und auch exportiert. Womöglich auch nach Sambia. Davor haben wir Angst, weil unsere Milch teurer wäre als die Importe. Wenn das kommt, würde unser Betrieb schließen. Dann haben wir kein Einkommen mehr.

Aber wie kann Milch aus der EU trotz des langen Transportweges in Afrika konkurrenzfähig sein?

Mit Subventionen. Die EU kann natürlich keine Frischmilch in Sambia anbieten, aber Milchpulver. Wenn das günstig genug ist, würden die Leute bei uns das kaufen. Schließlich müssen rund zwei Drittel der Sambier mit weniger als einem US-Dollar am Tag auskommen.

Aber die EU-Kommission betont doch immer wieder, dass sie den Export landwirtschaftlicher Produkte kaum noch subventioniert.

Ja, aber es gibt Forderungen in der Europäischen Union, dass der Staat wieder die Agrarbranche mit Beihilfen unterstützt, um Milch ins Ausland zu verkaufen. Das ist eine Gefahr.

Angenommen, die EU würde ihre Produkte nicht subventionieren. Könnten Sie dann gegen diese Konkurrenz ankommen?

Wohl nicht. Wir sind eine Kooperative von 300 Bauern, die nur wenige Kühe haben. Ich selbst zum Beispiel habe sieben Tiere, die in der Regenzeit nur bis zu vier Liter Milch täglich geben, in der Trockenzeit fast gar keine. Holstein-Friesen-Kühe, die in Europa weit verbreitet sind, liefern bis zu 45 Liter am Tag. Ich melke von Hand, die EU-Bauern haben riesige Melkmaschinen. Da haben wir keine Chance.

Was wären denn die konkreten Folgen, wenn Europas Landwirtschaft den Markt in Sambia mit billiger Milch überschwemmen würde ?

Wenn das kommt, würde unser Betrieb schließen. Dann haben wir kein Einkommen mehr. Im Moment geht es den Mitgliedern unserer Kooperative relativ gut. Manche können ihre Kinder sogar auf die höhere Schulen schicken. Wenn die Kooperative schließen müsste, würde alles leiden: der Bildungssektor, die Gesundheitsversorgung, es gäbe viel Arbeitslosigkeit. Unsere Kooperative hat Hilfe von der deutschen Botschaft und der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit bekommen. Das wäre dann alles für die Katz.

Könnten Sie nicht auf andere Produkte umsteigen?

Viele von uns haben früher Mais angebaut und machen das heute noch nebenbei. Aber Mais gibt uns nicht genug Geld. Die Milch können wir besser verkaufen. Derzeit nimmt sie uns der italienische Nahrungsmittelkonzern Parmalat ab. Damit können wir ein für Sambia ganz gutes Einkommen erzielen.

Können Sambia und andere afrikanische Länder ihre Märkte denn nicht mit Zöllen gegen Billigimporte aus der EU schützen?

Bisher ja, aber unsere Regierung hat zugesagt, ein Freihandelsabkommen mit der EU zu ratifizieren. Dann müsste Sambia die Zölle für 90 Prozent aller Produkte abschaffen. Wir fordern deshalb, dass wir wenigstens Milchprodukte weiter schützen können. Ähnliche Abkommen plant die EU übrigens auch mit 77 anderen Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks.

INTERVIEW: JOST MAURIN

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