Mehr Einfluss auf Weltfinanzen: Schwellenländer wollen mehr Macht

Die G-20-Staaten haben in São Paulo das Weltfinanztreffen vorbereitet. Brasiliens Präsident Lula da Silva fordert mehr Einfluss auf Entscheidungen über die Weltwirtschaft.

Wollen sich stärker in die Finanzmärkte einmischen: Präsident da Silva und Zentralbankchef Henrique Meirelles. Bild: reuters

BUENOS AIRES taz Die Regierungen der G-20-Staaten möchten eine größere Rolle als bisher bei der Umgestaltung des Weltfinanzsystems spielen. Am Wochenende haben sich die Finanzminister und Notenbankpräsidenten der 20 Staaten im brasilianischen São Paulo getroffen, um das Weltfinanztreffen am 15. November in Washington vorzubereiten. Diskutiert wurde die Neuorganisation des Weltfinanzsystems und die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie der Weltbank.

"Durch die Kreditkrise ist das weltweite Finanzsystem wie ein Kartenhaus zusammengefallen", konstatierte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. "Uns geht es um eine größere Beteiligung der Schwellen- und Entwicklungsländer an den Entscheidungsmechanismen der Weltwirtschaft", sagte der Gastgeber. Schließlich schätzte der IWF, dass die Schwellenländer 2008 bereits für 75 Prozent des Weltwirtschaftswachstums verantwortlich zeichneten. Dieser Trend werde anhalten. Lula geißelte den "dogmatischen Glauben" an die Nichteinmischung in die Märkte, der aus den USA und anderen Ländern forciert worden sei.

Brasiliens Finanzminister Guido Mantega machte ebenfalls klar, dass die Zeit vorbei sei, zu der man zu den Treffen der mächtigen G-7-Industrieländer nur "zum Kaffeetrinken" eingeladen wurde. Weltbank-Präsident Robert Zoellik stimmte dem zu. Auf die Stimmen wichtiger Schwellenländer wie etwa Brasilien solle künftig besser gehört werden. Auch Zoellik sprach sich am Rande des Treffens dringlich für eine Umgestaltung des Finanzsystems aus, machte jedoch keine konkreteren Vorschläge. "Nichts ist umsonst", kommentierte der deutsche Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen die Ambitionen der Schwellenländer. Wer mitreden wolle, müsse auch bereit sein mehr zu zahlen, beispielsweise an den IWF oder die Weltbank. Dies sei die Haltung der Europäischen Union, so Asmussen.

Den Kontrapunkt setzte Kanadas Finanzminister Jim Flaherty. "Jetzt ist nicht die Zeit für große Entwürfe. Es geht schlicht ums Feuerlöschen", sagte er auf dem Treffen. "Wir sind mitten in einer Krise, und da muss gehandelt werden", fügte er hinzu und schloss weitere Zinssenkungen der Notenbanken nicht aus.

Vorsichtiger gab sich der Vertreter der USA. Finanzunterstaatssekretär David McCormick bescheinigte dem brasilianischen Präsidenten eine "konstruktive Sichtweise" auf die Ereignisse. In den Vereinigten Staaten sehen nicht wenige dem Treffen am kommenden Samstag mit Skepsis entgegen. Ausgerechnet in der US-Hauptstadt könnte mit dem einst von den USA durchgesetzten System von Bretton Woods abgerechnet werden.

Die Gruppe der G 20 ist eine Gruppe aus Industrie- und Schwellenländern. Ihr gehören die G-7-Staaten USA, Kanada, Japan, Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich an sowie die sogenannten Bric-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China. Die Europäische Union ist als Block vertreten, dazu Saudi-Arabien, Argentinien, Mexiko, Südkorea, Australien, Indonesien, Südafrika und die Türkei. Die G 20 machen drei Viertel des Welthandels und der Weltbevölkerung aus und erwirtschaften 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Welt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.