Außenpolitik des neuen US-Präsidenten: Erst das Team, dann das Programm

Die Hoffnungen auf Barack Obamas Außenpolitik sind groß. Doch offenbar will der neue US-Präsident erst sein Team aufstellen und dann das Programm.

"One president at a time" - daran möchte sich Obama halten. Bild: dpa

Die Wochen zwischen der Wahl eines neuen Präsidenten und seinem Amtsantritt markieren nicht nur einen Übergang und einen Wechsel politischer Paradigmen, sondern auch ein teilweises Machtvakuum. Die Zahl der Mitarbeiter in den Ministerien, die bei jedem Machtwechsel im Weißen Haus ausgewechselt werden, ist riesig - bis sie alle benannt sind, können Monate vergehen. Wer reagiert also, wenn unmittelbar nach einer Wahl so etwas passiert wie die Ankündigung des russischen Präsidenten Dmitri Medwedjew, russische Kurzstreckenraketen in Kaliningrad aufzustellen? Verantwortlich ist noch bis zum 20. Januar die alte Regierung. Sie allerdings ist schwach.

Obama, so der Washington-Post-Außenpolitikexperte David Ignatius, will erst sein Team zusammenbringen und dann die außenpolitischen Prioritäten definieren. Die Erfahrung früherer Regierungen habe gezeigt, dass es nicht funktioniere, über politische Leitlinien und wichtige Stellenbesetzungen gleichzeitig zu entscheiden, zitiert Ignatius einen engen Obama-Mitarbeiter.

Anders als die meisten Präsidenten übernimmt Obama die Präsidentschaft, während die USA sich in zwei Kriegen befinden: Irak und Afghanistan. Die letzten beiden Regierungswechsel in Kriegszeiten waren die Amtsantritte Dwight D. Eisenhowers 1953 und Richard Nixons 1969. Eisenhower hatte im Wahlkampf ein Ende des Koreakrieges versprochen. Noch während der Übergangsphase suchte er das Gespräch mit der koreanischen Seite und bereitete einen Waffenstillstand vor. Nixon hingegen hatte in seinem Wahlkampf ein Ende des Vietnamkrieges in Aussicht gestellt - stattdessen weitete sich der Krieg zunächst immer weiter aus.

Eines der Kernversprechen Obamas waren die Beendigung des Irakkrieges und der schrittweise Abzug der Truppen. Wie und wie schnell das aber gehen kann, hängt nicht zuletzt davon ab, was bei den Verhandlungen zwischen den USA und der irakischen Regierung über ein neues Sicherheitsabkommen herauskommt, das den Status der US-Truppen im Irak ab Januar 2009 neu regeln soll. Verantwortlich bleibt auch dafür die Regierung Bush. "One president at a time" - nur ein Präsident auf einmal, daran möchte sich Obama halten.

Theoretisch könnte Obama versuchen, etwa beim Internationalen Gipfeltreffen zur Finanzkrise, das in einer Woche in Washington stattfinden wird, bereits seine eigenen Prioritäten einzubringen. Wege dazu dürfte er finden - besser beraten ist er allerdings, wenn er es bleiben lässt. Solange er keinen handlungsfähigen Entscheidungsapparat hat, könnte jeder Versuch der Ko-Regierung nur nach hinten losgehen.

Das Gleiche gilt für die Reaktion auf Medwedjews Rede. Wenn der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses der Duma in Moskau sagt, die Raketenstationierung könne "noch zurückgenommen werden, sollten die USA von ihrer Strategie einer verstärkten Präsenz in Europa abrücken" und man hoffe da auf Obama, ist das ein offener Versuch, die neue gegen die alte US-Regierung auszuspielen. Der ist noch dazu unbegründet: Zwar hat Obama in der Vergangenheit seine Unterstützung des Raketenabwehrschildes in Osteuropa davon abhängig gemacht, dass das System überhaupt funktioniere, grundsätzliche Bedenken hat er im Wahlkampf jedoch nicht vorgebracht. Obama ist noch nicht im Amt, er hat insofern noch den Luxus, auf Provokation nicht reagieren zu müssen, und tut gut daran, das auch nicht zu tun.

Mittel- und langfristig, so hoffen liberale US-Außenpolitikexperten, wird ohnehin nichts an neuen nuklearen Abrüstungsverhandlungen zwischen Russland und den USA vorbeiführen. Das ist eine Position, die Obama durchaus einnehmen könnte.

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