Kommentar Bildung: Blick in den Abgrund

Thema Bildungsgipfel in Dresden: Gut, dass er überhaupt stattfand - mehr gibt es nämlich nicht zu feiern.

Ein Gipfelaufstieg ist häufig ein Abenteuer. Manchem gefällt das Hinaufkraxeln besser, andere freuen sich auf den Abstieg. Und wenn Wolken aufziehen, dann meistens blitzschnell. Ebenso verhält es sich mit dem Bildungsgipfel, zu dem sich Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten in Dresden verabredet hatten. Dass er überhaupt stattfand, war ein Erfolg. Viel mehr gibt es nicht zu feiern.

Zunächst hat das Treffen in Dresden das Gespräch über die Qualität und die Ausstattung von Schulen wieder in Gang gesetzt. Das ist bemerkenswert. Denn die Föderalismusreform des Jahres 2006 hatte diesen Dialog jäh beendet. Tatsächlich ist dem Gespräch nun die Verpflichtung entsprungen, die Investitionen in die Köpfe der jungen Bürger zu erhöhen. Das war überfällig und ist wichtig.

Freilich haben alle Beteiligten vom Gipfel aus in den Abgrund blicken dürfen - in den Abgrund der Bildungsarmut. Und obwohl Bildungsverlierer und Risikoschüler von dort oben überdeutlich sichtbar wurden, haben Merkel und vor allem die Ministerpräsidenten viel zu viel über Zuständigkeiten gestritten und viel zu wenig unternommen, um ihnen zu helfen.

Als die probatesten Mittel gegen Bildungsarmut gelten derzeit die frühkindliche Bildung (früh fördern statt spät reparieren) und Rettungsaktionen für Schulabbrecher. Beides war Thema in Dresden, aber beide Vereinbarungen gehen ins Leere - weil sie nicht unterfüttert sind mit echten Reformen. Wer Kitas zu kleinen Unis ausbauen will, der muss dafür schon auch exzellentes Personal ausbilden. Es fehlen aber rund 10.000 neue Erzieherinnen - jährlich. Nicht besser sieht es in Sachen Schulabbrecher aus. Wer ihre Zahl halbieren will, muss sofort eine Reform der Haupt- und Sonderschulen angehen. Denn bislang vergeben viele Sonderschulen nicht mal Hauptschulabschlüsse - ein Skandal.

Das Fazit lautet, dass das allgemeine Recht auf Bildung in Deutschland de facto nicht mehr gewährleistet ist. Das - und den ewigen Streit zwischen Bund und Ländern - können wir uns nicht leisten. Nicht als Demokraten und schon gar nicht als Mitglieder einer schrumpfenden Gesellschaft. Wir dürfen kein Talent mehr vergeuden!

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