Dubioser Deal mit Kloster: Griechischer Premier unter Druck

Mit dubiosen Immobiliengeschäften hat das griechische Kloster Vatopedi ein Vermögen erwirtschaftet. In die Machenschaften sollen auch hohe Regierungsvertreter verstrickt sein.

Halbes Dutzend Skandale ausgesessen: Griechischer Premier Costas Karamanlis Bild: dpa

Das griechische Volk traut seiner politischen Klasse einiges zu. Doch die Vorgänge um die Immobiliengeschäfte des Klosters Vatopedi, die das Land seit Wochen beschäftigen, sind so himmelschreiend, dass die Regierung der Nea Dimokratia zum ersten Mal ernsthaft erschüttert ist. Nachdem Premier Kostas Karamanlis seit Beginn seiner Amtszeit 2004 ein halbes Dutzend Skandale ausgesessen hat, rufen jetzt auch viele ND-Funktionäre nach einer "Selbstreinigung" des Regierungslagers.

Im Zentrum des jüngsten Skandals steht Efraim, der Abt des reichsten Athos-Klosters Vatopedi. Der aus Zypern stammende Klostervorsteher machte mit imaginären Besitztiteln ein stattliches Vermögen, weil er Zugang zu höchsten Athener Kreisen hatte. Es begann damit, dass der Anspruch des Klosters auf den Besitz aller Ufergrundstücke des Vistonida-Sees - samt der Wasserfläche - von der Regierung offiziell anerkannt wurde, obwohl die in osmanische Zeiten zurückgehenden Besitztitel bei einem lokalen Gericht für substanzlos erklärt wurden.

Jetzt konnte der Immobilien-Alchemist vom Berg Athos daran gehen, aus Wasser pures Gold zu machen. Mit der staatlichen Immobilienverwaltung wurde folgender Deal arrangiert: Im Tausch gegen die Vistonida-Flächen und andere Grundstücke bekamen die Klosterbrüder 260 erstklassige, meist städtische, Objekte überschrieben. Bei dem Tausch wurden die von Vatopedi beanspruchten Flächen drastisch über-, die eingetauschten staatlichen Immobilien ebenso drastisch unterbewertet. Das ergab einen Wertzuwachs um das Acht- bis Zehnfache. Allein für ein Filetstück des Olympischen Dorfs von Athen kassierte das Kloster 41 Millionen Euro. Die zahlte ein zypriotischer Landsmann des Abtes. Den Gesamtverlust, der für die öffentliche Hand entstand, beziffern Experten auf mindestens 100 Millionen Euro.

Der Vatopedi-Deal begann noch zu Zeiten der Pasok-Regierung. Doch der überweltliche Wertzuwachs vollzog sich seit 2005, also unter der ND-Regierung. Die Verantwortung dafür liegt im unmittelbaren Umkreis des Regierungschefs. Die Staatsanwälte, die im Fall Vatopedi ermitteln, sehen als Hauptverdächtigen - neben zwei Staatssekretären - den engsten Mitarbeiter und Spindoktor von Karamanlis. Staatsminister Theodoros Roussopoulos ist ein enger Freund von Efraim und dessen regelmäßiger Gast in Vatopedi. Umgekehrt hat der Abt bei seinen Besuchen in Athen stets seinen Freund im Amtsgebäude des Regierungschefs besucht, wie sein Chauffeur bestätigt hat.

Dass der Vatopedi-Skandal zu einer Causa Roussopoulos geworden ist, hat die Autorität von Karamanlis erstmals beschädigt. Das schlägt sich auch in den Umfragen nieder, in denen der ND-Chef bislang den Kopf über Wasser halten konnte. Dass jetzt die ND erstmals seit 2004 auch bei der Sonntagsfrage hinter der oppositionelle Pasok zurückliegt, nährt die Zweifel an Karamanlis auch an der Parteibasis.

Die haben sich noch verstärkt, seit letzte Woche zwei mit der Untersuchung des Vatopedi-Skandals betraute Staatsanwälte, aus Protest zurückgetreten sind. Die beiden hatten Beweise für die Verwicklung von Regierungsmitgliedern gefunden und wollten die Ermittlungsakten - wie es das griechische Recht vorsieht - ans Parlament weiterleiten, das über eine Ministeranklage zu befinden hat. Diesen Schritt verhinderte ihr vorgesetzter Oberstaatsanwalt, aus politischen Motiven, wie die beiden glauben.

Der Rücktritt der Staatsanwälte schlug so hohe Wellen, dass Karamanlis gezwungen war, selbst einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorzuschlagen. Doch damit begnügt sich die Opposition nicht. Die Pasok fordert einen "Vorermittlungsausschuss", der am Ende eine Ministeranklage gegen die drei belasteten Regierungsmitglieder beschließen kann. Über diesen Antrag befindet das Parlament am kommenden Freitag.

Da die Abstimmung geheim ist, könnten die innerparteilichen Kritiker einen gezielten Warnschuss gegen Karamanlis wagen. Da die ND im Parlament nur über eine Stimme Mehrheit verfügt, kann die Pasok hoffen, dass ihr Antrag durchkommt. Nach einem solchen indirekten Misstrauensvotum wäre der Regierungschef gezwungen, vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber der eigenen Partei zu ergreifen. In Athen wird fest damit gerechnet, dass Karamanlis die belasteten Minister sowie Roussopoulos opfern muss.

Das wird die Krise nicht beenden. Weitere Enthüllungen sind so sicher wie das Amen im Kloster Vatopedi. Sie werden auch von Efraim kommen, der nicht als alleiniger Sündenbock dastehen will. Schon ließ er verlauten, der Immobiliendeal sei "von der Spitze der Pyramide des Staates und der rechtlichen Autoritäten begutachtet und verabschiedet" worden. Die Botschaft hat auch Karamanlis vernommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.