Reperaturwesen: Alte Glotzen werden abgeschoben

Nur wenige Elektrogeräte werden noch repariert, wenn sie kaputtgehen. Das ist bitter für die Werkstätten, doch gut für die Umwelt.

Diese Schätzchen taugen wohl höchstens noch fürs Museum...und da stehen sie auch Bild: AP

Heute beginnt die Internationale Funkausstellung (IFA). Erstmals werden neben Unterhaltungsgeräten auch die neusten Trends der Haushaltselektronik präsentiert. Ein wichtiges Thema der Messe: die Umweltverträglichkeit von Elektronikprodukten. Das Messegelände unterm Funkturm ist bis zum 3. September täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Tickets sind ab 10 Euro erhältlich.

Es gab Zeiten, da hat ein Fernseher 15 Jahre gehalten. Ging er dann doch einmal kaputt, brachte man ihn liebevoll zur Reparatur. Heute rechnet es sich nur selten, sein altes Gerät wieder auf Vordermann zu bringen. Stattdessen greifen die Verbraucher lieber zum neuen 63-Zoll-Plasma-TV.

Die Reparaturwerkstätten haben sich längst dieser Wegwerf-Mentalität angepasst. "In den letzten Jahren sind viele Werkstätten pleitegegangen", sagt Vojtech Pasek. Auch er musste Mitarbeiter entlassen. Seit fast 30 Jahren leitet Pasek die Reparaturfirma "Telebär" in Steglitz. Er kann sich noch gut an die 80er-Jahre erinnern, die goldene Zeit der Branche: "Damals konnte man es sich nicht leisten, ein kaputtes Gerät einfach gegen ein neues einzutauschen. Da hatte Technik noch ihren Wert."

Heute ist die Reparatur in vielen Fällen teurer als ein Neukauf. Die Kosteneinsparungen bei der Produktion schlagen sich auf die Lebensdauer der Geräte nieder. "Die Firmen produzieren viel Schrott für wenig Geld", fasst Pasek die Unternehmensphilosophie zahlreicher Elektrohersteller salopp zusammen. Es sei abzusehen, dass viele Geräte bereits nach zwei bis drei Jahren kaputtgehen. Gleichzeitig tut es dem Geldbeutel nicht weh, sich bei der Gelegenheit gleich das Nachfolgemodell zu kaufen.

"Die Elektrobranche ist sehr schnelllebig geworden in den vergangenen Jahren", sagt Klaus Fischer vom Handelsverband Berlin-Brandenburg. Der technische Fortschritt laufe dem Kunden davon. "Kaum hat man sich für ein Gerät entschieden, ist schon das nächste, viel bessere auf dem Markt." Ein Produktzyklus betrage mittlerweile nur noch sieben bis acht Monate, dann werden die Nachfolgemodelle auf den Markt geworfen. Daher kämen die Billighersteller dem Konsumverhalten der Kunden entgegen, die immer das Neuste vom Neuen haben wollen - für möglichst wenig Geld.

"Repariert wird fast nur noch während der Garantiezeit, wenn es den Kunden nichts kostet", berichtet Carsten Joschko, Obermeister der Elektro-Innung Berlin. Diese Reparaturen übernimmt dann der Werkskundendienst. Für die selbstständigen Werkstätten bleibe nicht mehr viel Arbeit übrig, so Joschko. Ein paar Ersatzteile einbauen, ab und zu einmal ein Liebhaberstück aufpolieren - "kein Wunder, dass die Betriebe mehr und mehr wegsterben".

Die wenigen Firmen, die sich halten konnten, haben allerdings alle Hände voll zu tun. "Wir kriegen sogar Aufträge aus Bayern", sagt Vojtech Pasek. "Anscheinend gibt es vielerorts keine Werkstatt mehr. Im Süden Berlins gehören wir zu den letzten Mohikanern." Das kann Carsten Joschko nur bestätigen: "Im Raum Berlin kann man die eingetragenen Meisterbetriebe an einer Hand abzählen."

Was die Reparaturbranche jedoch in ihrer Existenz bedroht, kann für die Umwelt durchaus ein Segen sein. "Moderne Haushaltsgeräte verbrauchen vergleichsweise wenig Energie", sagt Annet Fischer von der Berliner Energieagentur. So gesehen lohne es aus Umweltgründen schon den Kühlschrank zu ersetzen, wenn das vorhandene Gerät älter als fünf Jahre ist. "Hier amortisiert sich der Energieverbrauch, der zur Herstellung des neuen Gerätes benötigt wird, innerhalb von 0,7 bis 2,5 Jahren allein durch die Stromeinsparungen bei der Nutzung", erklärt Fischer.

Dies gelte aber nur für Haushaltsgeräte, die viel Energie verbrauchen, etwa Waschmaschinen oder Trockner. Bei Unterhaltungselektronik werde die Energieeffizienz oft durch die Größe wettgemacht. "Sie gelten nach wie vor als Statussymbole", sagt Fischer. Es könne noch lange dauern, bis auch hier Wert auf Energieverbrauch gelegt wird.

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