Transsexueller Hochspringer über Doping: Farbenfrohe Pillen jedweder Wirkung

Exhochspringerin und Transsexueller Balian Buschbaum nimmt seit ein paar Monaten Testosteron - und macht erstaunliche Erfahrungen damit.

Tierisch gedopt: Balian Buschmann. Bild: dpa

Um die Olympischen Spiele kam die Öffentlichkeit nur schwer herum. Peking war überall! Der Tag hatte 24 Stunden, aber die Medien berichteten täglich 28 Stunden. Sie beschallten uns mit einer Weltrekord-Sensation nach der anderen. Aber nicht nur Fachleute und Insider hadern mittlerweile mit der Glaubwürdigkeit eines mit angezogener Handbremse laufenden 100-Meter-Weltrekordlers oder der Tatsache, dass ein Fisch acht Goldmedaillen angelt. Ich schaltete in diesen Tagen den Fernseher ein und sah viele kleine Balians umherlaufen. Sie sprinteten, sprangen und schwammen von einer Weltrekordmarke zur nächsten. Dabei ist es ganz egal, ob sie nun männlich oder weiblich sind. Es gibt lediglich einen Unterschied zwischen ihnen und mir: Die Sportler dopen, und ich erfülle mir einen Lebenstraum.

Ich nehme auf Grund der Tatsache, dass ich transsexuell bin und somit im falschen Körper geboren wurde, seit ein paar Monaten Testosteron, um mich an mein wahres Geschlecht anzugleichen. Aber mit meiner sportlichen Karriere habe ich abgeschlossen, denn Testosteron ist Doping. Dass es reine Charaktersache ist, nicht zu dopen, kann ich den Kindern in den Turnhallen erzählen, nicht aber den Superstars, die mit ihren Rekorden und ihren gezüchteten Körpern Geld verdienen. Ich sehe veränderte Körper, deren Veränderung auch ich erlebe. Seit ich dieses Hormon gespritzt bekomme, explodieren meine Kraftwerte mit einem Drittel an Training. Ich sprinte erheblich schneller als jemals zuvor, meine Ausdauer hat sich ohne Training verbessert, und würde ich es darauf anlegen, könnte ich wahrscheinlich doppelt so viele Trainingseinheiten absolvieren als zu meinen härtesten Trainingszeiten.

Ich stelle mir die Frage, warum ein Goldfisch in Amerika auf einem militärischen Übungsplatz seine Trainingsstätte aufbaut, wenn kein Dopingfahnder dieser Welt diesen ohne Genehmigung betreten darf. Ich werde wütend über die Tatsache, dass der Olympiadealer Angel Heredia voraussagt, dass es keinen Sprinter im olympischen Finale geben wird, der nicht dopt. Es ist eine Frage der Ehre, wenn Ludmilla Blonska zum zweiten Mal erwischt wird und nicht in der Lage war, sich einen ehrlichen Job zu besorgen. Sie und alle anderen, die überführt werden, sind nicht nur deshalb arm, weil sie nicht genügend Geld für die gemischten Designer-Drogen aufbringen können, sondern weil ihnen der Reichtum der Ehrlichkeit fehlt. Sie müssen zwangsläufig nach dem verbotenen Nachweisbaren greifen.

Spätestens nach der Aussage von Herrn Heredia, der Dopinglieferant vieler Länder und bekannter Superstars wie Marion Jones, Maurice Green und Tim Montgomery war, ist das Vakuum des Spitzensports mit farbenfrohen Pillen jedweder Wirkung gefüllt worden. Heredia alleine hat über 20 Doping-Cocktails erfunden, die für die Fahnder nicht nachweisbar sind. Sein Geheimnis: Er verwendet Stoffe, die der Körper selber produziert. Wenn er auf die Dopingfahnder angesprochen wird, dann lacht er. Sie liefen ihm als 10.000-Meter-Läufer in einem 100-Meter-Sprint hinterher.

Würden auch die Kinder lachen, wenn sie sehen, dass ihre Vorbilder Betrüger sind? Die Welt muss erwachen und etwas gegen dieses Schauspiel tun. Sonst werden wir bei den Olympischen Spielen 2028 gezüchtete Roboter anfeuern, die sich die Haut eines gealterten Usain Bolt übergestülpt haben, der mit Anfang 50 zu seinem x-ten Olympiatitel läuft - natürlich mit neuem Weltrekord.

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