Sellering wird neuer Ministerpräsident: Anfang mit Konflikten

In Mecklenburg-Vorpommern wird der Landesvorsitzende die Nachfolge von Ringstorff antreten. Der Start wird nicht einfach: Die Partei ist wegen eines Kraftwerks zerstritten.

Die Bevölkerung ist gegen das Kraftwerk - die SPD ist zerstritten. Bild: dpa

SCHWERIN Am Sonntag will die SPD Mecklenburg-Vorpommerns auf ihrem Landesparteitag in Güstrow Erwin Sellering als neuen Ministerpräsidenten nominieren. Damit tritt er die Nachfolge von Harald Ringstorff (SPD) an, der nach zehn Regierungsjahren am 3. Oktober sein Amt aufgeben will. Drei Tage später ist mit den Stimmen des Koalitionspartners die Wahl des 58-jährigen Sellering zum neuen Regierungschef des Schweriner Landtags vorgesehen.

Sellering, der aus dem westfälischen Kleinstädtchen Spockhövel stammt und seit April 2007 SPD-Landesvorsitzender ist, wird keinen einfachen Job haben: seine Partei ist wegen des Neubaus eines Kohlekraftwerks in Lubmin bei Greifswald zerstritten, die Mitgliederzahlen liegen bei desaströsen 2.800 Genossen und die oppositionelle Linkspartei fordert lautstark ein stärkeres soziales Engagement. Ein weiteres Problem seien die Hinterlassenschaften Ringstorffs, findet Parteienforscher Eckhard Jesse von der TU Chemnitz. "Er war amtsmüde, konnte keine Aufbruch-Stimmung mehr vermitteln und hinterlässt eine politische Stagnation."

Das aber kann Mecklenburg-Vorpommern nicht gebrauchen. Denn die Abwanderung junger Menschen hält unverändert an, in den Arbeitslosenstatistiken liegt das am dünnsten besiedelte Bundesland weiterhin mit an der Spitze und in Vorpommern steigt die Zahl der NPD- Sympathisanten. Wie der designierte Ministerpräsident dagegen angehen will, möchte er auf Anfrage der taz noch nicht preisgeben. Man wolle erst den Parteitag abwarten, so sein Pressesprecher. Skeptisch bewertet Jesse schon jetzt Sellerings politisches Charisma: Da er stromlinienförmig sei, müsse er sich wohl stärker über Sachthemen profilieren. Und da gibt es nicht viel Spielraum, wie der Fraktionsvorsitzende der CDU, Armin Jäger, gleich mal klar stellt: "Am Koalitionsvertrag ist nicht zu rütteln. Schließlich hat er ihn von der ersten bis zur letzten Zeile mitverhandelt." Als Koalitionspartner der SPD lege ihnen aber viel daran, gemeinsam die Finanzen weiter zu konsolidieren, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und eine kinder- und familienfreundliche Politik zu gestalten.

Drei Jahre hat der Westimport Sellering jetzt bis zur nächsten Landtagswahl Zeit. Dann muss er sich an den Zielen des Koalitionsvertrages messen lassen. Und daran, ob er ein echter Landesvater geworden ist. Denn sowohl die Linken als auch die CDU haben schon jetzt hinter vorgehaltener Hand verkündet, 2011 mit einem Kandidaten "von uns" ins Rennen um den Posten des Ministerpräsidenten zu gehen. "Sellering wird erstmal beweisen müssen, ob er überhaupt mit der

Bevölkerung kommunizieren kann", sagt der Potsdamer Politikwissenschaftler Jürgen Dittberner. "Er ist ja niemand zum anfassen." Doch das sei in Mecklenburg-Vorpommern wichtiger als die Herkunft. Ringstorff wäre auch stur gewesen und traf viele Entscheidungen allein, aber durch seine bedächtige Art habe er die Menschen auf seine Seite ziehen können.

Die politische Karriere des Juristen und Krimifans Sellering liest sich rasant. Erst vor 14 Jahren trat er mit seinem Umzug von Spockhövel nach Greifswald in die SPD ein. Arbeitete in dem Ostseestädtchen als Richter am Verwaltungsgericht, wurde 1998 von Ringstorff als Abteilungsleiter in die Staatskanzlei nach Schwerin gerufen, leitete von 2000 bis 2006 das Justizministerium und war zuletzt Minister für Soziales und Gesundheit. Solch ein schneller Aufstieg müsse nichts Schlechtes bedeuten, sagt Dittberner. "Da bleibt einfach mehr Energie übrig. Und die hat auch die

SPD dringend nötig."

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