Nobelpreisträgerin wehrt sich gegen "Lüge": Kampagne gegen iranische Aktivistin

Mit dem Gerücht, Irans Friedensnobelpreisträgerin Ebadi seien Anhängerin der Bahai-Religion geworden, wollen die Behörden die Arbeit der Menschenrechtlerin verunglimpfen.

Morddrohungen, Anfeindungen, Verleumdung: Nun wehrt Schirin Ebadi sich. Bild: dpa

BERLIN taz Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi hat die staatliche Nachrichtenagentur IRNA wegen Verleumdung und Verbreitung denunzierender Berichte verklagt. Die von Konservativen gelenkte Agentur hatte ohne Angaben von Quellen behauptet, Ebadis Tochter, Narges Tawassolian, die ebenso wie die Mutter als Anwältin tätig ist, sei vor einem Jahr zur verbotenen Bahai-Religion konvertiert. Über die Mutter behauptete sie, sie sei "im Netz der Bahais gefangen" und werde von israelischen und amerikanischen Geheimdiensten zur Durchsetzung einer "sanften Revolution" im Iran "instrumentalisiert". Ähnliche Berichte wurden in den letzten Tagen von der rechtsgerichteten Tageszeitung Kayhan veröffentlicht.

Ebadi bezeichnete die Behauptungen als "Lüge" und erklärte, sie und ihre Tochter seien stolz, Musliminnen zu sein. Die Juristin, die sich für Dissidenten einsetzt, hatte 2003 für ihre Verdienst um die Menschenrechte im Iran den Friedensnobelpreis erhalten. Seitdem ist sie zunehmenden Anfeindungen seitens der Radikalislamisten ausgesetzt. Jüngst erhielt sie mehrere Morddrohungen.

Anlass für die neue Pressekampagne gegen Ebadi lieferte ihre Bereitschaft, siebe führende Mitglieder der Bahai-Gemeinde zu verteidigen, die im Mai dieses Jahres unter dem Vorwurf der Kollaboration mit dem Westen und dem Staat Israel festgenommen worden waren. Laut Angaben des Geistigen Rats der Bahais in Deutschland seien die Frauen und Männer mit Kenntnis der iranischen Regierung mit der Aufgabe befasst gewesen, eine Art "Notverwaltung" der über 300000 iranischen Bahais zu ermöglichen. Dies sei erforderlich geworden, nachdem der gewählte Nationale Geistige Rat 1980 und wiederholt 1981 spurlos verschleppt und schließlich hingerichtet worden sei.

Seit der Machtübernahme der Islamisten im Iran 1979 werden die Bahais brutal verfolgt. Über 200 Hinrichtungen, Enteignungen und Massenflucht waren die bisherigen Folgen. Während in der achtjährigen Amtszeit von Präsident Mohammad Chatami die Verfolgung etwas nachließ, wurde sie seit der Regierungsübernahme von Mahmud Ahmadinedschad (2005) wieder verstärkt. Die mystisch geprägte Religion, die Elemente asiatischer und islamischer Spiritualität verbindet, hat weitweit rund sieben Millionen Anhänger. Der Sitz des neunköpfigen obersten Leitungsgremiums, des "Universalen Hauses der Gerechtigkeit" befindet sich in Haifa.

Ebadi gehört unter anderem zum Vorstand des Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte im Iran, den sie 2003 mitbegründete und der sich insbesondere zur Aufgabe gesetzt hat, die Rechte der politisch Verfolgten, ethnischen und religiösen Minderheiten zu verteidigen. Der Verein ist Teil der iranischen Zivilgesellschaft, die sich zurzeit im Visier des Teheraner Regimes befindet. Die Verfolgung und Denunzierung der Aktivisten wird damit begründet, dass die USA und Israel zwar ihre Pläne zu einem militärischen Angriff gegen den Iran vorläufig beiseite gelegt hätten, sie versuchten jedoch durch die Unterstützung der Zivilgesellschaft einen sanften Umsturz herbeizuführen.

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