Hapag-Angestellte bangen um ihre Arbeitsplätze: Wenn Hanseaten ungemütlich werden

Hapag-Lloyd-MitarbeiterInnen demonstrieren gegen den Verkauf ihres Unternehmens. Adressat ist der Botschafter von Singapur - eine Staatsholding will die Traditionsfirma übernehmen.

Hapag-Lloyd-MitarbeiterInnen protestieren vor der Botschaft von Singapur in Berlin. Bild: dpa

BERLIN taz Schluss mit hanseatischem Understatement: Am Dienstag demonstrierten Angestellte des Logistik- und Touristikunternehmens Hapag-Lloyd vor der Botschaft von Singapur in Berlin. Sie forderten vom Mutterkonzern TUI und der Bundesregierung, den Verkauf des Schifffahrtsunternehmens zu stoppen.

Wer bis dahin dachte, die kühlen Hamburger würden sich auf freundliche Appelle beschränken, wurde eines Besseren belehrt. Vierhundert Leute blockierten in der Hauptstadt die noble Friedrichstraße, und sie machten ganz schön Rabatz. Grund für ihren Unmut ist der angekündigte Verkauf des Traditionsunternehmens. Der Tourismuskonzern TUI will sich aus dem Schifffahrtsgeschäft zurückziehen und seine Tochter Hapag-Lloyd verkaufen. Nach monatelanger Ungewissheit stehen nur noch zwei Bieter in der engeren Wahl: ein Hamburger Finanzkonsortium, das Hapag-Lloyd in der Stadt halten will. Und die Neptune Orient Lines (NOL), ein milliardenschweres Staatsunternehmen aus Singapur. Die Rede ist von Kaufgeboten zwischen 3,1 und 3,4 Milliarden Euro.

NOL als neuer Eigentümer - das wollen die Leute von "HL", wie man in Hamburg sagt, unbedingt verhindern. Sie haben Angst vor dem Konkurrenten aus Asien. Unter Flagge Singapurs zu fahren ist mehr als eine Frage der Identität. HL-Arbeitnehmer haben sehr gut verhandelte Verträge - längst keine Selbstverständlichkeit mehr auf dem globalisierten Schifffahrtssektor. Sorgen haben die HL-MitarbeiterInnen auch um ihre 8.000 Arbeitsplätze.

Eine davon ist Christine Langnese. Die 52-Jährige arbeitet seit 27 Jahren bei HL. Die Frau aus der Buchhaltung ist mit einem der acht Busse nach Berlin gereist. "Zu protestieren ist ja das Einzige, was man tun kann", sagt sie. So wie ihre KollegInnen aus Frankfurt, Bremen, Bremerhaven und Düsseldorf hat sie sich vor dem Botschaftsgebäude aufgebaut. Auf Plakaten prangen Slogans: "Wer schmückt das Tor zur Welt, wenn Hapag-Lloyd wegfällt?", "Hapag-Lloyd gehört zu Hamburg". Die Azubis von der Schifffahrtsschule Travemünde stehen in signalfarbenem Wetterzeug in der Sonne, "Ausbildung bei Hapag-Lloyd - das haben wir gewollt" steht auf ihrem Transparent.

Vorn spricht der Betriebsratsvorsitzende Uwe Klein. Er ist alles andere als ein Einpeitscher. Die Botschaft des 65-Jährigen ist seit Wochen dieselbe: "Wir haben nichts gegen ausländische Investoren, aber wir wollen nicht, dass unsere Arbeitsplätze ins Ausland verscherbelt werden." Für diese Forderung wird Klein von unverhoffter Seite unterstützt: Zum Hamburger Bieterkonsortium nämlich gehören neben dem Logister Kühne und einer Privatbank auch die Hamburger Landesregierung. Der schwarz-grüne Senat hat zugesagt, sich mit einer dreistelligen Millionensumme zu beteiligen. Der Staat als Helfer gegen den gloablisierten Markt? In Hamburg gab es derlei schon öfter. Und so kann Uwe Klein guten Gewissens den Botschafter per Megafon auffordern, folgende Botschaft an seine Regierung zu richten: "NOL ist in Hamburg als Käufer der Hapag-Lloyd nicht willkommen."

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