Wirbel nach Musharraf-Rücktritt: Pakistans Rivalen verhandeln

Die Anführer der beiden Regierungsparteien müssen sich auf einen Nachfolger für Präsident Musharraf einigen. Keine einfache Aufgabe, denn in wichtigen Fragen sind sie uneinig.

Musharraf ist zurückgetreten - und wie sich die Rivalen Zardari und Sharif bezüglich seiner Nachfolge einigen, ist mehr als fraglich. Bild: reuters

DELHI taz Pakistans umstrittener Präsident Pervez Musharraf ist nicht mehr im Amt, seine neun Jahre währende Militärdiktatur endgültig vorbei. Doch der Wandel Pakistans zu einem demokratischen Staat hat damit erst begonnen.

Die Anführer der beiden großen Regierungsparteien, Asif Ali Zardari von der Pakistanischen Volkspartei (PPP) und Nawaz Sharif von der Nawaz-Muslimliga (PML-N), begannen bereits am Dienstag mit Gesprächen. Dabei soll unter anderem geklärt werden, wer neuer Präsident des Landes wird. Es dürften recht schwierige Verhandlungen werden. Denn die beiden Parteichefs gelten als ewige Rivalen.

Die Wiedereinsetzung der 60 hohen Richter, die Musharraf während des Notstands im November entlassen und durch Gefolgsleute ersetzt hat, dürfte einer der größten Streitpunkte werden. Sharif verlangte bereits kurz nach der Entlassung der Juristen, sie wieder in ihre Ämter einzusetzen. Zardari jedoch sperrt sich seit Monaten dagegen. Denn die Richter könnten die Amnestie kassieren, die ihm Musharraf anschließend wegen Korruptionsvorwürfen beschert hatte. Daher bestand Zardari bis vor kurzem vehement darauf, dass die Richter die Entscheidungen der Musharraf-treuen Juristen nicht zurücknehmen dürfen.

An dieser Frage wäre die Koalition im Mai beinahe zerbrochen. Damals zog Sharif seine neun Minister aus der Regierung zurück, um gegen Zardaris Blockade zu protestieren. Doch nun müssen sich die beiden Parteichefs einigen. Denn keiner von beiden besitzt eine parlamentarische Mehrheit. Dabei steht die Regierung vor gewaltigen Aufgaben.

Die Wirtschaft steckt in einer schweren Krise - bei einer Inflation von 25 Prozent. Nach den unzähligen Anschlägen des vergangenen Jahres haben sich die meisten ausländischen Investoren aus Pakistan zurückgezogen. Hinzu kommt ein gewaltiges Außenhandelsdefizit, das die Devisenreserven des Landes immer schneller auffrisst.

Schuld an der Misere hat auch der gewaltige Militärapparat, der bis vor kurzem alle Bereiche von von Politik und Gesellschaft kontrollierte. Pakistans 600.000 Mann starke Streitmacht verschlingt ein Viertel des Staatshaushalts. Immerhin kam es in dieser Frage vor kurzem zu einer Annäherung zwischen der Armeeführung und der zivilen Regierung: Vor wenigen Wochen legte die Armee unter großen Beifall der Abgeordneten ihren Haushalt dem Parlament zur Unterzeichnung vor. Es war eine Premiere in der Geschichte des Landes, das die meiste Zeit seit der Staatsgründung 1947 von Generälen regiert wurde.

Doch einen entscheidenden Transfer der Macht an die zivile Regierung hat die Generalität erst kürzlich verhindert. Vor wenigen Wochen erklärte die Regierung, der mächtiger Militärgeheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI) werde mit sofortiger Wirkung dem Innenministerium unterstellt. Wenige Stunden später ruderte sie zurück: Die Erklärung sei ein "Missverständnis" gewesen. Offensichtlich hatten die Generäle interveniert.

Die größte Aufgabe der Regierung wird es jedoch sein, den militanten Islamisten in den unruhigen Nordwestprovinzen beizukommen. Doch die Regierung scheint sich nicht darüber einig zu sein, inwieweit sie dabei auf die militärische Karte setzen soll, wie es Washington unter Nachdruck verlangt.

Dabei haben sich sowohl Zardari als auch Sharif dazu bekannt, den Islamisten Einhalt gebieten zu wollen. Jedoch drohen bei einem Einmarsch der pakistanischen Armee in die paschtunischen Stammesgebiete heftige Zusammenstöße mit Stammesmilizen. Doch die Verhandlungsstrategie, mit der die Regierung kurz nach der Aufnahme der Amtsgeschäfte im Februar begonnen hatte, zeigt erste Erfolge. Mehrere Stämme unterzeichneten Friedensabkommen mit Islamabad und erklärten, sie würden die islamistischen Fanatiker, die häufig aus dem Ausland stammen, von ihren Gebieten vertreiben.

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