Kommentar Antidiskriminierungsgesetz: Der Arbeitgeber-Lobby Paroli bieten

Maßnahmen gegen Benachteiligungen im Job verursachen kaum Kosten - anders als die Arbeitgeber behaupten. Studien, die ihren ökonomischen Nutzen belegen, fehlen leider auch.

Die Kosten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes liegen weit niedriger, als die Initiative Soziale Marktwirtschaft (ISM) im vergangenen Jahr in einer Expertise behauptet hat. Lobenswert, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine unabhängige Kommission berufen hat, die der wenig seriösen Propaganda der Arbeitgeber-Lobby Paroli bietet.

Die Zahlen, die die Wissenschaftler jetzt präsentieren, sind beeindruckend: Danach fallen Maßnahmen gegen Benachteiligungen am Arbeitsplatz rechnerisch kaum ins Gewicht. Die Katastrophenszenarien der ISM, die vor zusätzlichen Belastungen von fast zwei Milliarden Euro jährlich gewarnt hatte, sind damit vom Tisch. Weniger beeindruckend sind die eigenen Untersuchungsmethoden der Kommission: Die berechtigte Kritik an der Befragung der ISM-Lobbyisten kaschiert, dass selbst erhobene empirische Fakten weitgehend fehlen. Der Nachweis, dass Antidiskriminierungsstrategien wie überhaupt ethisch orientierte Unternehmenskulturen nicht nur politisch korrekt sind, sondern auch einen handfesten betriebswirtschaftlichen Nutzen haben, steht noch aus.

Die Wissenschaftler haben angekündigt, dieses Manko in absehbarer Zeit zu beheben und empirisch fundierte Erkenntnisse vorzulegen. Damit gäbe es endlich eine stichhaltige Argumentationsgrundlage, die nicht nur für die Debatte um Diskriminierung jedweder Art von Bedeutung wäre. Auch andere Gesetzesvorhaben, die auf Gleichbehandlung zielen, könnten davon profitieren. Nach wie vor fehlt zum Beispiel ein die Unternehmen verbindlich in die Pflicht nehmendes Gesetz, das die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Privatwirtschaft garantiert. Entsprechende Planungen landeten schon unter Rot-Grün in der Schublade. Stattdessen begnügt sich die Bundesregierung, im Gegensatz etwa zu Skandinavien, immer noch mit nebulösen Empfehlungskatalogen. Auch deshalb sind Frauen in Führungspositionen in Deutschland, allem Gerede von den wertvollen "Softskills" zum Trotz, weiterhin die große Ausnahme.

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