USA steht Rezession bevor: Aufgeschoben, nicht aufgehoben

Mit kräftigen Konjunkturspritzen gelang es den USA bislang, einen Einbruch der Wirtschaft zu vermeiden. Das könnte sich bald ändern.

US-Wirtschaft am Tropf: Bisher wurde eine Rezession mit teuren Konjunkturspritzen verhindert. Aber was passiert, wenn Wirtschafts- und Finanzpolitik die Medizin ausgeht? Bild: dpa

BERLIN taz Trotz der schweren Finanzkrise sind die USA bislang einer Rezession entkommen. Nach vorläufigen Schätzungen hat das US-Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal sogar um 1,9 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal zugenommen - während Deutschland ein Minus von 0,5 Prozent vermeldet. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob die Konjunkturprogramme der US-Regierung ein Vorbild für Deutschland sein können.

Denn schnell und kräftig hat die US-Politik auf den Ausbruch der Finanzkrise vor einem Jahr reagiert. Anders als in Europa hat die Notenbank Fed ihren Leitzins wiederholt gesenkt, von 5,25 auf zuletzt 2 Prozent. Kredite blieben daher billiger, als sie es im Gefolge der Krise sonst gewesen wären. Bereits im April lief zudem ein Konjunkturprogramm an. Die privaten Haushalte erhielten Schecks mit Steuerrückzahlungen von bis zu 1.200 Dollar. Mehr als 100 Milliarden Dollar pumpte der Staat in die Wirtschaft. Weitere 50 Milliarden kamen den Unternehmen zugute, die ihre Investitionen stärker von der Steuer absetzen konnten.

Haben die USA das Problem damit gelöst? Derzeit sieht es eher so aus, als sei der Konjunktureinbruch nur verschoben worden. Denn die Wirkung einmaliger Steuergutschriften verpufft schnell. Schon fordern die Demokraten ein neues Konjunkturpaket, dessen Finanzierung jedoch unklar ist. "Wir erwarten eine Abschwächung der Konjunktur", sagte eine Börsenhändlerin dem Wall Street Journal, "denn die Verbraucher werden ihre Ausgaben nach dem Auslaufen des Konjunkturpakets an die gesunkenen Realeinkommen anpassen".

In den USA macht der private Konsum immerhin rund zwei Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung aus. Lange wurde dieser Konsum durch die Immobilienblase getragen. Die meisten Amerikaner besitzen ein Haus, und angesichts stetig steigender Immobilienpreise fühlten sie sich immer reicher. Sie nahmen immer mehr Hypotheken auf ihr Haus auf und finanzierten damit ihren Konsum. Damit war es mit dem Platzen der Immobilienblase vorbei. Auf weitere Schecks von der Regierung können die Amerikaner erst mal nicht hoffen. Erschwerend kommt ein immer schnellerer Stellenabbau der US-Unternehmen hinzu. Mehr als 400.000 Amerikaner haben sich in den letzten vier Wochen arbeitslos gemeldet - erfahrungsgemäß ist das Rezessionsniveau.

Die Fed hat nun aber keine Ressourcen mehr, um gegen einen Konjunkturrückgang anzukämpfen. Angesichts einer Preissteigerungsrate von mittlerweile 5 Prozent - der höchste Wert seit 25 Jahren - sind weitere Zinssenkungen praktisch ausgeschlossen, denn dadurch würde die Inflation weiter angetrieben.

Eine aktuelle Umfrage der US-Notenbank unter den Geschäftsbanken des Landes hat ergeben, dass diese ihre Kreditkonditionen noch weiter straffen und vor allem bei Verbraucherkrediten und Kreditkartenschulden weniger großzügig sein wollen. Zu groß ist die Angst der Banken vor weiteren Ausfällen. In den USA hatten auch finanzschwache Haushalte ohne jegliche Sicherheiten Hypotheken bekommen, was die aktuelle Krise ausgelöst hatte. Bis dahin hatten Banken die Kreditforderungen an Investoren weiterverkauft. Dadurch kamen sie an neues Geld, das sie wiederum als weitere Kredite vergeben konnten. Doch jetzt kauft den Banken niemand mehr ihre riskanten Kredite ab. Die Zeiten der wunderbaren Geldvermehrung sind erst mal vorbei. Daran kann auch ein Konjunkturprogramm wenig ändern. NICOLA LIEBERT

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