Konflikt um Ressourcen: Arktis-Öl knapper als erwartet

Der Kampf um die Bodenschätze am Nordpol könnte dem Sieger ein mageres Ergebnis bringen. Denn die Vorkommen sind deutlich geringer als gedacht.

Viel Eis, wenig Öl - so könnte es in der Arktis aussehen.

STOCKHOLM Kanada kontert in der Arktis - und zwar wissenschaftlich. Das Land hat im Kampf um die Rohstoffschätze unter dem Polareis seine Gebietsansprüche nun erstmals wissenschaftlich untermauert. Gemeinsame Forschungen mit Dänemark hätten ergeben, dass der von Moskau beanspruchte unterseeische Lomonosow-Rücken in Wirklichkeit mit der nordamerikanischen Kontinentalplatte sowie mit Grönland verbunden sei, erklärte der kanadische Minister für natürliche Ressourcen, Gary Lunn, jetzt auf dem Weltgeologiekongress in Oslo. Nach seinen Angaben hat Kanada damit Anspruch auf ein rund 1,75 Millionen Quadratkilometer großes Gebiet, etwa dreimal so groß wie Frankreich

Die fünf Anrainerstaaten der Arktis - USA, Russland, Dänemark, Norwegen und Kanada - streiten sich derzeit um ihre Ansprüche auf die Arktis. Seit aufgrund des Klimawandels das Polareis schmilzt, nehmen die Begehrlichkeiten, die frei werdenden Meeresgebiete in der Arktis zu nutzen, zu. Wer die unter dem Polareis versteckten Rohstoffe nutzen darf, ist umstritten. Jedem der fünf Anrainerstaaten steht nach internationalem Recht eine 200-Seemeilen-Zone vor der Küste zur ausschließlichen wirtschaftlichen Nutzung zu. Für jede weitere Nutzung müssen sie wissenschaftlich belegen, dass das Gebiet Teil ihres Territoriums ist.

Doch der viel beschworene Wettlauf um die Macht über den Nordpol könnte sich, jedenfalls was die Ölressourcen angeht, als recht folgenlos erweisen, meint Donald Gautier, Geologe bei der US-Geologiebehörde US Geological Survey (USGS): Der größte Teil der Vorkommen liege vermutlich in Bereichen des arktischen Ozeans, in denen die Hoheitsrechte durch die 200-Seemeilen-Zone des UN-Seerechts bereits geregelt sind. Rund 90 Milliarden Barrel Öl liegen unter dem schmelzenden Eis der Arktis, die nach dem jetzigen Stand der Technik wohl gefördert werden könnten. Das ist deutlich weniger, als die USGS noch vor 8 Jahren vermutete, aber es sind nach Schätzungen der WissenschaftlerInnen immerhin 13 Prozent der bislang unentdeckten globalen Ölreserven, die angesichts des aktuellen Öldursts für sich allein genommen das Ölzeitalter aber auch nur um ca. 3 Jahre verlängern könnten.

Die größten Reserven werden vor der Küste von Alaska vermutet. Während auch noch so spektakuläre untermeerische Flaggenhissaktionen von Russland, wie die vor einem Jahr, dem Land kaum helfen dürften: In dem großen von Moskau beanspruchten Arktisdrittel sollen sich nur 1,2 Prozent der unentdeckten Reserven verstecken, überwiegend in küstennahen Regionen.

Erhöht wurden die USGS-Prognosen über die in der Arktis zu erwartenden Erdgaslager. Deren Menge sei so groß wie die gesamten jetzigen russischen Reserven oder 30 Prozent der bislang unerschlossenen globalen Vorkommen. Und hier dürfte vermutlich Russland auf den ergiebigsten Lagern sitzen. Die USGS betont aber die Vorläufigkeit auch dieser aktuellen Schätzungen: Es seien lediglich arktische Bodenformationen mit solchen bekannter Öl- und Gaslagerstätten verglichen worden. Ökonomische Faktoren und Umweltauswirkungen berücksichtigt die Behörde nicht.

Die 30 Prozent des Arktisöls, die sich vor der Küste Alaskas verstecken, sind gegenwärtig noch durch ein seit 17 Jahren bestehendes Verbot der Ölprospektierung geschützt - dessen Aufhebung Präsident Bush allerdings gerade in der vorletzten Woche beim Kongress beantragt hat. Und bis zu ein Fünftel der Ölmenge der potenziellen arktischen Ölfelder liegt in einem Gebiet, in dem trotz der Klimaänderung auf absehbare Zeit eine Förderung gänzlich unmöglich sein dürfte.

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