Staatspräsident gestürzt: Militärputsch in Mauretanien

Soldaten unter der Leitung des Chefs der Präsidialgarde verhaften Präsident und Premierminister. Die im März 2007 gewählte Regierung hatte sich zuletzt heillos zerstritten.

Selbst vor einem Hörfunkgebäude in Nouakchott hat die Armee Wachen positioniert. Bild: dpa

Der geschasste General fackelte nicht lange. Kaum war Mohammed Ould Abdelaziz, Chef von Mauretaniens Präsidialgarde, am Morgen des gestrigen Mittwoch von Staatschef Sidi Ould Cheikh Abdellahi entlassen worden, da schickte er seine Garde Basep (präsidiales Sicherheitsbataillon) zum Präsidenten und ließ ihn verhaften. "Die Basep kam gegen 9.20 Uhr in unser Haus und hat unseren Vater mitgenommen", berichtete die Präsidententochter Amal Mint Cheikh Abdellahi. In Haft gerieten auch der Premierminister und der Innenminister. Staatsrundfunk und Fernsehen wurden abgeschaltet, Soldaten riegelten den Präsidentenpalast ab, und dann wurde in der gesamten Hauptstadt Nouakchott der Strom abgestellt. Kämpfe gab es nicht.

Am Nachmittag schließlich erklärte ein "Staatsrat" unter Leitung des Generals Abdelaziz, die Entlassungen - die neben dem Gardistenchef noch drei weitere ranghohe Militärs betroffen hatten - seien ungültig. Dass Abdelaziz den "Staatsrat" leitete, galt als Indiz, dass er die Macht übernommen hat.

Die gestürzte Regierung war eigentlich Produkt eines in ganz Afrika als exemplarisch gewerteten Demokratisierungsprozesses gewesen. Im August 2005 hatte Mauretaniens Militärführung unter Sicherheitschef Ely Ould Mohammed Vall schon einmal geputscht und den seit 1984 autokratisch regierenden Präsidenten Maaouiya Ould Taya gestürzt, in einer ähnlich unblutigen Aktion wie dem gestrigen Staatsstreich. Zur allgemeinen Überraschung hielt Valls Junta danach das Versprechen, die Macht an eine gewählte Zivilregierung zu übergeben. Aus den Wahlen im März 2007, den freiesten in Mauretaniens Geschichte, ging der mit der kurzlebigen Militärjunta verbündete Ould Cheikh Abdellahi als Sieger hervor. Aber im Laufe der Zeit mehrten sich Vermutungen in Nouakchott, dass die zurückgetretenen Generäle im Hintergrund weiterhin die Fäden der traditionell sehr elitären und klüngelhaften mauretanischen Politik zögen.

In den letzten Wochen war die Regierung immer instabiler geworden. Präsident Cheikh Abdellahi reagierte letzte Woche auf die Forderung nach einer parlamentarischen Sondersitzung, um unter anderem die Finanzen seiner Frau zu untersuchen, mit der Androhung von Neuwahlen. Diesen Montag zog er seine Partei aus der Regierungskoalition zurück. Eine Gruppe von sieben kleinen Parteien, die Parteien der Nationalen Konvergenz (PCN), rief daraufhin am Dienstag zum Rücktritt von Präsident und Premierminister auf. Die PCN war gestern die erste politische Formation, die den Militärputsch begrüßte.

In ihrer Pressekonferenz am Dienstag hatte sich die PCN außerdem soldarisch mit Sudans Präsident el Beshir erklärt, gegen den vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehl beantragt worden ist, und den Abbruch diplomatischer Beziehungen zwischen Mauretanien und Israel verlangt. Ob das heißt, dass die Putschisten von den in Mauretaniens Gesellschaft starken, aber im Establishment schwachen Islamisten unterstützt werden, ist unklar.

Hinter den Aktivitäten von PCN und anderen Regierungsgegnern vermuten Mauretaniens Medien seit Wochen die Generäle aus dem Umfeld der Putschisten von 2005. Der Blogger Ahmed Ould Saleck warnte schon im April vor einem Militärputsch und analysierte, Mauretanien befinde sich auf dem Weg struktureller Instabilität: "Früher waren es Oberste und niedere Offiziere, die Putsche ausführten; heute sind es aktive Generäle. Die Truppe versteht das so: Um im Generalstab nach oben zu kommen, muss man erfolgreich geputscht haben."

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