US-Krise erfasst Deutschland: Alle Anzeichen stehen jetzt auf Abschwung

Die Gewinne der Unternehmen brechen ein, die Aufträge stagnieren: Die Krise lässt sich nicht mehr wegreden. SPD-Politiker fordern nun ökologische Konjunkturprogramme.

Wer sich auf die Kaufkraft des Privatkonsumenten verlässt, muss dafür sorgen, dass der auch genug Geld in der Tasche hat Bild: dpa

BERLIN taz Glaubt man den offiziellen Verlautbarungen der Bundesregierung, muss man sich um die Konjunktur in Deutschland keine Sorgen machen - und kann alle Warnungen getrost überhören. "Es gibt derzeit keinen Grund, die Wachstumsprognosen zu verändern", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Montag. Die Schätzungen von 1,7 Prozent für 2008 und 1,2 Prozent für 2009 seien "schon verhalten" angesetzt worden.

Führende SPD-Politiker sehen das längst ganz anders: Sowohl Vizefraktionschef Ludwig Stiegler als auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel fordern Konjunkturspritzen - mit ökologischer Ausrichtung. Stiegler schlug vor, das Programm zur energetischen Gebäudesanierung um zwei Milliarden Euro aufzustocken. Gabriel denkt an Steuervorteile für Investitionen in energie- und ressourcensparende Technologien.

Aktueller Anlass für den neuerlichen Konflikt sind diverse Anzeichen dafür, dass die von den USA ausgehende Konjunkturkrise Europa und Deutschland nun doch erwischt hat. Nicht wenige Experten hatten gehofft, dass sich die Wirtschaftsentwicklung im Euroraum inzwischen weit genug von der in den USA abgekoppelt hat. Nun aber melden immer mehr Großunternehmen unerwartet heftige Gewinneinbrüche. Ende Juli hatte der Automobilkonzern Daimler mit einer Gewinnwarnung den Anfang gemacht; der Versicherer Münchner Rück, die Deutsche Bank, die Postbank und zuletzt mit BMW wieder ein Autobauer folgten. Auch im Einzelhandel machen sich die anhaltende Probleme mit der privaten Kaufkraft bemerkbar - nach Planungen der Bundesregierung und der Prognosen des Mainstreams der Konjunkturexperten sollte der private Konsum in diesem Jahr eigentlich die treibende Kraft fürs Wirtschaftswachstum sein. Inzwischen sind aber mit der Textilkette Wehmeyer und den Hertie-Warenhäusern aber die ersten großen Pleiten bei den Händlern zu vermelden.

Dass neben den Banken nun als erstes vor allem konsumnahe Branchen betroffen sind, ist ein deutliches Signal für einen beginnenden Konjunktureinbruch. Der Theorie nach müssten als nächstes die chemische Industrie, der Maschinenbau und dann die Energiebranche folgen.

Aktienanalysten rechnen für die 30 Konzerne, die im Deutschen Aktienindex gelistet sind, mit einem Gewinnrückgang von sechs Prozent. Im vergangenen Jahr gab es noch ein Plus von 20 Prozent. "Die Unternehmen werden von verschiedenen Seiten in die Zange genommen", sagt Andreas Rees, Chefökonom Deutschland von Unicredit. Die Nachfrage sinke weltweit, zugleich ließen sich die steigenden Kosten "nicht einfach auf die Kunden überwälzen".

Einer Handelsblatt-Umfrage zufolge haben die Konjunkturexperten der führenden Institute und Banken ihre Wachstumserwartungen entsprechend kräftig nach unten korrigiert. Sie rechnen nun im Schnitt damit, dass die deutsche Wirtschaft 2008 noch um 1,5 Prozent zulegt und 2009 nur noch um 0,9 Prozent wächst.

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