Kommentar Anschlag in China: Terrorangst und Bürgerrechte

Der Anschlag auf chinesische Grenzpolizisten scheint verlustreich. Doch von außen lässt sich die Lage im Land nicht beurteilen - ebenso wenig, wie groß die Terrorgefahr wirklich ist.

Mit 16 Toten ist der Anschlag vom Montag auf Grenzpolizisten in der Stadt Kaschgar der verlustreichste der letzten Jahre in China. Doch wie so oft bei chinesischen Berichten über Terroranschläge - mutmaßlich echte, angebliche wie auch vereitelte - beruhen die Informationen ausschließlich auf Chinas staatlich gelenkten Medien. Es gibt Widersprüche, was die Details angeht, auch das erhöht nicht die Glaubwürdigkeit der Darstellung. Fakt ist: Es gibt keine unabhängigen Informationen über die jetzigen Anschläge, die so unmittelbar vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking stattfinden.

Trotzdem kann niemand ernsthaft bezweifeln, dass auch China mit Problemen des Terrorismus konfrontiert ist. Strittig ist lediglich, wie groß die Gefahr wirklich ist und ob China angemessen reagiert. Die meisten Beobachter sind der Meinung, dass Chinas Behörden in der Vergangenheit die Gefahr absichtlich hochgespielt und die Bedrohung genutzt haben, um politisch unliebsame Bürger einzuschüchtern und Kritiker auszuschalten. Uiguren und zuletzt auch Tibeter wurden immer wieder Opfer dieses Vorgehens. Andererseits gibt es aber auch ein paar Uiguren, die sich in Afghanistan und Pakistan den Taliban und anderen bewaffneten Islamisten angeschlossen haben.

Großereignisse wie Olympische Spiele sind spätestens seit München 1972 potenzielle Ziele von Terroristen. Seit Wolfgang Schäubles Forderungen nach dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren zur Fußball WM 2006 ist auch uns die Thematik und ihre politische Instrumentalisierung nicht fremd. Der Unterschied ist, dass in China niemand Klage gegen die Verletzung von Bürgerrechten einreichen kann.

Bemerkenswert ist: Gestern demonstrierten direkt neben dem größten zentralen Platz in Peking, dem Tiananmen, etwa 20 Bewohner kurz gegen ihre Vertreibung aus der Innenstadt wegen eines Bauprojekts. Erst dann wurden sie abgeführt und vermutlich verhaftet. Das Gebiet zählt zu den bestbewachten der Stadt. Auf beide Ereignisse dürfte Peking mit noch mehr Sicherheitsmaßnahmen reagieren.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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