Hochschulfreiheitsgesetz zeigt Wirkung: Vetternwirtschaft an der Uni Siegen

Ein Industrieller will in Siegen gegen den Willen des Senats einen alten Bekannten als Rektor durchsetzen. Trotz Widerstand könnte das tatsächlich klappen.

Protesten zum Trotz trat das Hochschulfreiheitsgesetz in Kraft. In Siegen zeigt es jetzt Wirkung. Bild: dpa

BERLIN taz Ein eleganter Start ist es nicht, den der neue Rektor der Universität Siegen Mitte Juli hingelegt hat, aber ein schwungvoller allemal: Freitagabends wurde Jörg Steinbach vom Hochschulrat zum neuen Rektor gewählt, am Mittwoch vom Senat schon wieder abgelehnt. Er will trotzdem an die Uni - dank des Hochschulfreiheitsgesetzes könnte das sogar klappen.

"In Nordrhein-Westfalen hat man nicht gemerkt, wozu man mit diesem Gesetz Ja gesagt hat", sagt Steinbach. "Und jetzt wird das auf meinem Rücken ausgetragen." Der Vizepräsident der TU Berlin hatte sich an der Uni Siegen beworben, nachdem ihn der Unternehmer Axel Barten gefragt hatte, ob er Interesse am Posten des Rektors hätte. Barten ist der Vorsitzende des Hochschulrats, der nach dem Hochschulfreiheitsgesetz den Rektor wählt. Und Barten ist ein Bekannter von Steinbach, zusammen saßen sie im Vorstand einer Akkreditierungsagentur für neue Studiengänge.

"Das ist keine Seilschaft und kein Filz", verteidigt Steinbach seine Wahl. Seine Bekanntschaft mit Barten sei nicht privat, sondern beruflich. Außerdem gehört es ja sogar zu den Aufgaben eines Hochschulrates, sich nach geeigneten Kandidaten umzuschauen und sie anzusprechen", sagt Steinbach. Steinbach weist auch den Vorwurf der Studentenvertretung, Asta, zurück, das Wahlverfahren sei undurchschaubar gewesen. Sachlich sei alles korrekt verlaufen - an der Kommunikation mit dem Senat habe es zugegeben gehapert.

Dort hatte man eigentlich damit gerechnet, dass der bisherige Rektor Ralf Schnell wiedergewählt werde, dessen Arbeit breite Unterstützung bei den Senatsmitgliedern findet. Stattdessen präsentierte der Hochschulrat am Montag Steinbach als neuen Rektor, der vielen Senatsmitgliedern völlig unbekannt war. Zum Kennenlernen blieb nicht viel Zeit: Die Senatssitzung, auf der Steinbach bestätigt werden sollte, fand zwei Tage später statt. Und harmonisch verlief sie nicht.

"Irgendwann wird abgestimmt, ganz klar - aber normalerweise gibt es vorher einen Diskurs", regte sich ein Senatsmitglied auf. Von einem "bestürzenden Verfahren" und "schlechtem Stil" war die Rede. Der Mann im Kreuzfeuer versucht dagegen, Ruhe zu bewahren: "Ich verstehe das Ganze nicht als Ablehnung meiner Person", sagt Steinbach.

Die Debatte entzündete sich in der Tat weniger an der Person des Rektors als an der Grundfrage, wie viel Einfluss den Unis nach der Einführung der Hochschulräte noch bleibt - und wie viel die Wirtschaft gewinnt. Wie in Siegen auch ist der Hochschulratsvorstand an fast der Hälfte der Hochschulen mit Wirtschaftsvertretern besetzt.

Trotz Gegenwind von Senat und Asta bleibt Steinbach standhaft. Er will er an seiner Kandidatur festhalten, weil er genug positive Reaktionen aus den Fachschaften bekommen habe. Wenn Mitte August der Hochschulrat erneut zusammenkommt, kann er Steinbach mit einer Zweidrittelmehrheit im Amt bestätigen - das Veto des Senats wird dann ausgehebelt. Oder das Bewerbungsverfahren beginnt neu.

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