Kommentar Olmert-Rücktritt: Verheerende Bilanz einer Amtszeit

Olmert hätte früher Konsequenzen aus den Korruptionsvorwürfen ziehen müssen - so geriet er in eine Defensive, aus der heraus man keine Politik machen kann.

Das Kapitel Ehud Olmert wird eins der kürzeren bleiben in den Geschichtsbüchern. Seine zweieinhalbjährige Amtszeit endet ohne jeden Erfolg, will man von Annapolis absehen, der Friedenskonferenz, von der man sich - wie von so vielen vor ihr - deutlich mehr versprach, als später umgesetzt wurde. Selbst Ariel Scharon beendete seine von Krieg gezeichnete Laufbahn mit dem Abzug aus dem Gazastreifen; Ehud Barak, der am Frieden mit den Palästinensern und Syrien scheiterte, zog wenigstens die Truppen aus dem Libanon ab. Von Olmert hingegen bleibt nur ein bitterer Nachgeschmack. Eine Mischung aus dem Gedanken an die vielen Opfer des Libanon-Feldzuges und der endlosen Reihe von Korruptionsvorwürfen.

Olmert hätte weniger hungrig sein können, schreibt der Buchautor Joram Kaniuk. Er hätte aber auch viel schneller die Konsequenzen ziehen sollen, als man ihn bei seiner Habgier ertappt hatte. Was waren das noch für Zeiten, als Rabin von seinem Amt als Premierminister zurücktrat, nachdem ein ehrgeiziger Journalist das Dollarkonto von Leah, Rabins Frau, ausfindig gemacht hatte. Rabin hatte die 200 Dollar, die noch aus seiner Zeit als Botschafter in Washington stammten, vermutlich schlicht vergessen und trat ab, weil damals ein israelisches Gesetz den Besitz von Devisen unter Strafe stellte.

Olmert hingegen hielt an seinem Stuhl und an der Version seiner Unschuld fest. Damit brachte er sich in die Defensive, die kein guter Platz ist für jemanden, der Politik machen will. Er trat auf die Bremse, als seine Außenministerin vorpreschte, um gleich nach dem Krieg das Gespräch mit der Führung in Damaskus zu suchen. Und auch bei den Verhandlungen mit den Palästinensern, die mit dem Bau von mehr und noch mehr jüdischen Siedlungen im besetzten Land nicht gerade neuen Schwung bekamen.

Für den Friedensprozess mit der PLO spielt es dennoch keine sonderlich große Rolle, ob es Olmert ist, der in Jerusalem das Zepter hält, oder ein anderer. Unter den relevanten Politikern herrscht in den Kernfragen weitgehend Konsens. Der angekündigte Rücktritt des israelischen Ministerpräsidenten ist deshalb für die palästinensische Führung so unspektakulär, dass sie es noch nicht einmal für nötig befanden, öffentlich darauf zu reagieren.

Auch mit Blick auf Syrien ändert die sich frühestens für den Spätherbst abzeichnende neue israelische Führungslage wenig, da momentan Damaskus direkte Gespräche ablehnt. Frischer Wind für beide nahöstlichen Friedensgleise könnte einzig aus dem Weißen Haus kommen, wenn dort der neue Chef einzieht.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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