Computerspezialist knackte US-Militärrechner: Hacker auf UFO-Jagd

Um Beweise für gesichtete UFOs zu finden, hackte ein britischer Computerspezialist wiederholt US-Militärrechner. Nun soll er an die USA ausgeliefert werden - eine Überreaktion, findet er.

Er habe keinen Schaden angerichtet, beteuert McKinnon - die US-Behörden sehen das anders. Bild: ap

Für seine Ankläger ist der britische Computerspezialist Gary McKinnon der "größte Militärhacker aller Zeiten". Niemand, heißt es in den Gerichtsakten, sei bislang erfolgreicher und öfter in Rechnersysteme der US-Armee eingedrungen - zwischen Februar 2001 und März 2002 allein 97 Mal. Betroffen waren Netzwerke von US-Armee, US-Marine, US-Verteidigungsministerium, US-Luftwaffe und der Weltraumbehörde NASA. Durch sein Vorgehen habe das Netzwerk des gesamten US-Armee-Distrikts Washington für 24 Stunden abgeschaltet werden müssen - 2000 Rechner seien betroffen gewesen. Bis zu 70 Jahre Gefängnis drohen dem im schottischen Glasgow geborenen 42jährigen nun, hinzu kommt eine mögliche Geldstrafe in Höhe von über einer Million Dollar. Aus Großbritannien soll er deshalb nun in die USA überstellt werden. Es wäre die erste Auslieferung einer Person aufgrund eines Computerverbrechens. Eine Berufung des bereits 2006 erlassenen Beschlusses wurde am Mittwoch abgelehnt.

Die Erklärung, die McKinnon für seine Taten hat, klingt dabei äußerst bizarr. Er sei von seiner Londoner Wohnung aus auf Hackerstreifzüge gegangen, um der US-Regierung die Kenntnis von UFO-Sichtungen nachzuweisen. Zwischenzeitlich gab er auch an, entsprechende Informationen entdeckt zu haben - unter anderem angebliche Beweise, dass die Amerikaner über außerirdische Technologien verfügten und das auch wichtige Militärs davon wüssten. Er habe sich "in einer eigenen Welt" befunden, das Hacking sei zur Obsession geworden. Darüber hinaus habe er aber keinen Schaden anrichten wollen und seiner Meinung nach auch nicht angerichtet. Die US-Regierung sieht das allerdings anders: Durch die Aktion seien kritische Systeme nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 kompromittiert gewesen, der Schaden belaufe sich auf mindestens 700.000 Dollar.

Die Auslieferung ist für McKinnon auch deshalb besonders unangenehm, weil ihm in den USA eine wesentlich härtere Strafe droht. Während er in England laut seiner Anwälte vielleicht "ein bis zwei Jahre" in Haft müsste, steht im amerikanischen Recht ein Vielfaches auf seine Taten. "Es tut mir extrem leid, was ich getan habe, aber ich denke, da wird jetzt total überreagiert. Ich sollte in Großbritannien verurteilt werden und hätte auch kein Problem damit, hier meine Strafe abzusitzen", sagte er dem britischen Sender BBC. Derzeit sitzt der Computerspezialist nicht einmal in Untersuchungshaft; während das Auslieferungsverfahren lief, durfte er in seine Wohnung zurückkehren.

McKinnon und seine Anwälte unternahmen mehrere Versuche, das Begehren der Amerikaner abzuwehren - zuletzt ließ das britische House of Lords seine Berufung zu. Doch genau die wurde nun abgelehnt. Auf der Seite der amerikanischen Ankläger argumentierte man, dass die Strafe für McKinnon bei einem Schuldeingeständnis womöglich "auch nur drei Jahre" ausfallen werde, von denen nur maximal das erste Jahr in US-Gefängnissen verbüßt werden müsse. "Den Rest kann er dann wieder in seiner Heimat verbüßen." Doch McKinnon und seine Anwälte trauen dem Angebot nicht: Das Problem sei die mögliche Maximalstrafe.

Hinzu kommt, dass die US-Armee nach dem Fall peinliche Sicherheitslücken einräumen musste. Die Technologie, die der Computerspezialist bei seinen Einbruchsversuchen anwendete, war eher einfach gestrickt: So nutzte er unter anderem eine Fernsteuerungssoftware für Windows, die auf Regierungs-PCs ohne ausreichenden Passwortschutz installiert war. Dabei wurde er auch erwischt: McKinnon hatte die Zeitverschiebung falsch einkalkuliert, so dass ihn ein Beamter bei seinen Hackversuchen sogar beobachten konnte. Auch bei anderen Einbruchsversuchen agierte McKinnon eher mit "Low Tech": So nutzte er ein einfaches Analog-Modem, um sich auf Rechnern des Militärs einzuwählen, verwendete im Handel erhältliche Scanprogramme zum Auffinden von Sicherheitslücken und nutzte bekannte Löcher in Microsoft Windows aus.

McKinnon und seine Anwälte erwägen nun, den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen. Dafür haben sie nun 14 Tage Zeit. Sollte der Fall angenommen werden, blieb dem Computerspezialisten noch eine weitere Gnadenfrist: Die Auslieferung kann dann erst erfolgen, wenn der Fall abgeschlossen ist.

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