Kopierschutzfreie Musik im Internet: Und die Plattenindustrie lernt es doch

Ein Satelliten-TV-Betreiber versucht sich als Online-Musikshop. Erstmals lässt sich das Angebot gegen Abogebühr durchhören und kopierschutzfrei herunterladen.

Von "Pavarotti bis zur Teen-Band Girls Aloud" - der Katalog des BSkyB-Angebots soll breit aufgestellt sein Bild: dpa

BERLIN taz Lange Zeit sah es danach aus, als ob die Musikfirmen im Internet einen Krieg gegen ihre Kunden führen wollten: Neben komplexen Kopierschutzmaßnahmen, die die Verwendung gekaufter Online-Musik stark einschränkte und teilweise sehr schwer bedienbar machte, wurden Nutzer, die sich illegal in Tauschbörsen bedienten, massenweise verklagt. Die Klagewelle läuft zwar auch in Deutschland weiter, doch zumindest in Sachen Kopierschutz haben die Plattenlabels mit ihrer Zielgruppe inzwischen ein Einsehen: Immer öfter werden Songs auch ohne "digitales Rechtemanagement" (DRM) angeboten. Das hat den Vorteil, dass sie sich auf jedem Musikspieler nutzen lassen, egal, von welchem Hersteller er stammt. Auch mit spezieller Software muss man sich nicht herumärgern, alle Musikprogramme laufen.

Der britische Satelliten-TV-Betreiber BSkyB, Teil des News Corporation-Imperiums von Rupert Murdoch, will den Ansatz nun noch etwas weitertreiben: Ein neuer Online-Musikladen, der noch dieses Jahr starten soll, wird den Einkauf kopierschutzfreier Songs mit einem Abodienst kombinieren. Nutzer sollen laut einem Bericht der britischen "BBC" die gesamte angebotene Bibliothek gegen eine Monatsgebühr im Streaming-Verfahren durchhören können, wozu eine Internet-Anbindung notwendig ist. Wer sich dann für den Kauf eines der mehreren Hunderttausend Stücke entscheidet, erhält es ohne DRM - eine bestimmte Anzahl an Stücken soll im Abopreis enthalten sein. Erster Labelpartner ist Universal Music, weitere Musikfirmen sollen jedoch schnell im Laufe der Zeit hinzukommen.

Noch nennt BSkyB keine Preise für sein Angebot. Universal Music arbeitet in den letzten Monaten an mehreren neuartigen Modellen, seinen Musikabsatz zu erhöhen. So bietet der Handy-Herstelelr Nokia seit kurzem einen Dienst namens "Comes with Music" ("Kommt mit Musik") an, bei dem Käufer eines Mobiltelefons auf das gesamte Angebot der Plattenfirma zugreifen dürfen. Universal erhält dafür einen Anteil am Verkaufspreis des Gerätes - wie hoch der ist, sagt die Firma nicht.

Der geplante Katalog für das BSkyB-Angebot, das im Rahmen eines Internet-Satellitenzuganges vermarktet werden soll, werde von "Pavarotti bis zur Teen-Band Girls Aloud" alles enthalten, was man sich vorstellen könnte, sagte Lucian Grainge, Chef der Universal Music Group. Man wolle ihn so aufstellen, dass er "sehr viel attraktiver als die Musikpiraterie" sei. Eine ähnliche Strategie verfolgte auch Apple bei der Einführung seines heute marktführenden "iTunes Music Store" im Jahr 2003. Das Angebot setzt zwar noch immer vor allem auf Kopierschutz, fand aber dank konkurrenzfähiger Preise (99 Cent pro Song, 9,99 Euro pro Album) und einer einfachen Bedienung schnell viele Freunde. Auch Apple-Boss Steve Jobs hatte zum Start des Angebots betont, man wolle "den Piraten etwas entgegensetzen". Derzeit versucht die Firma ebenfalls, ihr DRM-freies Angebot auszuweiten, konnte aber Firmen wie Universal, die Apple eine zu starke Marktstellung vorwerfen, bislang noch nicht mit ins Boot holen.

Im Gegensatz zur Plattenindustrie, die inzwischen nutzerfreundlicher geworden ist, setzt Hollywood noch voll auf Kopierschutzmaßnahmen. So existiert bislang kein Download-Dienst mit Produktionen der großen Studios, der ohne Kopierschutz auskommt. Dabei konkurriert auch die Filmbranche stark mit den Piraten: Die bieten Filme kostenlos und kopierschutzfrei an, die sich auf jedem Gerät und jedem Rechner abspielen lassen. Die Hollywood-Produktionen aus legaler Quelle sind hingegen oft auf bestimmte Formate wie Windows Media beschränkt, die auf Rechnern von Apple oder PCs mit Linux-Betriebssystem nicht arbeiten. Als Argument für den Kopierschutz gilt, dass er Gelegenheitskopien verhindert. Dennoch hat das Piraterieproblem in den letzten Jahren weiter stark zugenommen - trotz stetig verstärkter DRM-Maßnahmen. Der Grund für die Nutzung von Kopierschutzmaßnahmen bei den Hollywood-Studios ist aber auch noch ein anderer: Sie wollen neue Geschäftsmodelle wie Online-Videotheken etablieren. Hierbei kann man einen Film zwar herunterladen, ihn aber nur einen vorher festgelegten Zeitraum lang ansehen. Ohne DRM ist ein solches Modell nicht zu implementieren.

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