Deutsche Firmen im Irak: Goldgrube mit Schattenseiten

In Bagdad sähe man es gern, wenn sich mehr deutsche Unternehmen am Wiederaufbau beteiligten. Die fürchten allerdings Korruption und mangelnde Rechtssicherheit.

Mögliches Betätigungsfeld für die BASF-Tochter Winterthur Bild: ap

BERLIN taz Dieser Tage wurden in Bagdad und Erbil fast zeitgleich die Grundsteine für zwei Fünfsternehotels mit internationalem Standard gelegt. Unternehmen aus Dubai und dem Libanon planen Investionen in Milliardenhöhe. Die Türkei, Iran und China haben einen Fuß in der Tür, einige Europäer drängen ebenfalls auf den irakischen Markt.

Wo aber sind die Deutschen?, lautet die Frage, die von Regierungsvertretern in Erbil und neuerdings auch in Bagdad gestellt wird. Sowohl im kurdischen Gebiet im Nordosten des Landes wie auch im Zentralirak wünscht man sich mehr deutsche Investoren.

Als Wirtschaftsminister Michael Glos vor zehn Tagen mit einer kleinen Wirtschaftsdelegation als erstes Mitglied der Bundesregierung zu einem Kurzbesuch in der irakischen Hauptstadt war, priesen die Politiker über die ethnischen und religiösen Gräben hinweg die Verbesserung der Sicherheitslage. Da deutsche Unternehmen einen guten Ruf im Irak haben, will man sie unbedingt am Wiederaufbau beteiligen. Die Drohungen, dass deutsche Firmen nie wieder einen Fuß in den Irak setzen dürfen, weil die Bundesregierung damals gegen den Krieg war, sind also Schnee von gestern. Als ob man ein Zeichen setzen wollte, hat das Ölministerium die BASF-Tochter Wintershall auf die Liste der Firmen gesetzt, die für die erste Runde in der Vergabe von Ölaufträgen qualifiziert sind.

Im Zentralirak stand deutschen Investitionen bislang die katastrophale Sicherheitslage entgegen. Angesichts von Entführungen, Morden und Raub wollte kein Unternehmen seine Mitarbeiter und auch nicht sein Kapital riskieren. Wer bisher im Irak tätig war, musste entweder für teure Sicherheitsvorkehrungen sorgen oder wickelte die Aufträge über Subunternehmen aus Drittstaaten ab.

Für Unternehmen ist der Irak aber tatsächlich eine Goldgrube - es gibt nichts, woran es nicht mangelt, ob in der Infrastruktur, dem Energiesektor, der Industrie oder Bildung.

Deutsche Unternehmen, die ihre Fühler über das kurdische Gebiet hinaus in den Zentralirak ausgestreckt haben, wurden allerdings häufig enttäuscht. Sie legten Vorschläge und Modelle vor, überarbeiteten diese notfalls und gingen am Ende dennoch leer aus. Denn die Deutschen haben ein Problem: Sie sind schlicht zu teuer. Man bräuchte keine Straßen, die 100 Jahre halten, habe ihm der zuständige Minister beschieden, sagt ein Bauunternehmer. Das Rennen machten türkische und iranische Firmen, die billiger sind.

Aber nicht nur der Preis spielt eine Rolle. Ohne saftige Schmiergeldzahlungen läuft heute im Irak so gut nichts. Die Korruption sei derart krass, dass man nur auf einen Regierungswechsel hoffen könne, sagt ein ausländischer Diplomat.

Zudem verlangen sowohl Bagdad wie Erbil irakische Beteiligungen. Dabei schnitten sich die Mächtigen von heute oft die Sahnestücke an einem Auftrag heraus, klagen Geschäftsleute.

Das größte Problem ist jedoch die fehlende Rechtssicherheit. Änderungswünsche, die jede Kalkulation sprengen, bis hin zu Erpressungsversuchen sind nach Angaben von ausländischen Firmenvertretern an der Tagesordnung.

Auch um die Zahlungsmoral steht es nicht gut. Das mussten in den letzten Monaten eine Reihe von türkischen Firmen in Erbil erleben, denen die Regierung nach Angaben eines Insiders Gelder in Millionenhöhe schuldet. Frustriert kehren zahlreiche Firmen dem Land mittlerweile wieder den Rücken.

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