Siemens gegen seine Ex-Manager: Gejagte Bosse

Der Technologiekonzern hat in der Korruptionsaffäre die Flucht nach vorn angetreten und verklagt die Ex-Vorstandschefs von Pierer und Kleinfeld auf Schadenersatz.

Der Smarte und der Seriöse: So kannte die Welt Klaus Kleinfeld und Heinrich von Pierer bis vor wenigen Monaten Bild: dpa

BERLIN taz Die ehemaligen Siemens-Chefs Heinrich von Pierer und Klaus Kleinfeld müssen sich wegen der Korruptionsaffäre auf Schadensersatzforderungen einstellen. Sie gehörten zum Kreis der zehn ehemaligen Topmanager, gegen die Siemens Forderungen erheben will, heißt es in Branchenkreisen. Verantworten müssten sich die einstigen Mitglieder des Zentralvorstandes der Jahre 2003 bis 2006. Die genaue Höhe und der genaue Grund für die Schadensersatzforderungen stünden noch nicht fest. Bereits am Dienstag will sich der Aufsichtsrat des Konzerns mit dem Thema befassen.

Siemens will den Vorgang, der bisher einmalig in der deutschen Unternehmensgeschichte ist, nicht kommentieren. Allerdings prüfe Siemens fortlaufend, ob Ansprüche aus Compliance-Angelegenheiten bestünden und ob ihre Durchsetzung Aussicht auf Erfolg habe, sagte Siemens-Sprecher Jörn Roggenbuck der taz. Dies gelte auch für Vorstände. In seinem Compliance-Programm dringt Siemens auf "unbedingte Beachtung interner und externer Regeln", so der Konzern. Dies sei Grundlage verantwortlichen Handelns und integraler Bestandteil des Geschäfts. Compliance-Verstöße, darunter fällt auch Korruption, sollen umfassend aufgeklärt und geahndet werden.

Siemens ist durch die Korruptionsaffäre bislang ein Schaden von rund 1,3 Milliarden Euro entstanden. Weitere Strafen der US-Börsenaufsicht könnten folgen. Unternehmen wie Siemens müssen sich den Transparenzregeln der US-Finanzmärkte unterwerfen.

Saskia Freye vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung sagte der taz, Siemens reagiere mit der Schadensersatzforderung auch auf die Beobachtung durch die New Yorker Börsenaufsicht SEC und komme möglichen Klagen von Aktionären zuvor.

Siemens lastet dem Vernehmen nach den früheren Spitzenmanagern erhebliche Versäumnisse in ihrer Amtszeit an. So sollen sie Hinweisen auf schwarze Kassen im Konzern nicht konsequent genug nachgegangen sein. Von Pierer hat stets betont, schuldlos an der Korruptionsaffäre zu sein; ebenso sein Nachfolger Klaus Kleinfeld, der bis 2007 amtierte und seit Mai Chef des US-Aluminiumkonzerns Alcoa ist.

Ungemach droht den ehemaligen Spitzenmanagern nicht nur von ihrem ehemaligen Arbeitgeber, sondern auch von den Strafverfolgungsbehörden. So prüft die Münchener Staatsanwaltschaft, ob ehemalige Topmanager ihre Aufsichtspflichten verletzt haben. Allerdings drohen dabei keine Straf-, sondern lediglich Ordnungswidrigkeitsverfahren.

Siemens hat sich unterdessen im Grundsatz mit den Arbeitnehmervertretern über den geplanten massiven Stellenabbau geeinigt. Die Einschnitte sollen ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen, teilten der Siemens-Gesamtbetriebsrat und die IG Metall mit. Bis 30. September 2010 dürfe der Konzern nach dem beschlossenen Eckpunktepapier keine Standorte schließen oder verlagern. Zudem rücke Siemens von seinen Plänen ab, das Segment Industriemontagen zu verkaufen. Bereits bis Mitte August sollen die Pläne zum Stellenabbau konkretisiert werden. "Hier erwartet der Gesamtbetriebsrat noch schwierige Verhandlungen, für die die Unterstützung der Belegschaften und der IG Metall nötig sein werden", hieß es. Siemens will sich am Mittwoch zu Details äußern; der Konzern will rund 17.000 Stellen weltweit streichen.

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