"Bürger in Wut"-Chef in Bremer Landtag: Westentaschen-Schill von der Weser

Durch eine Wiederholungswahl ist Jan Timke, der Bundesvorsitzende von "Bürger in Wut" und ehemalige Landeschef der Schill-Partei, in die Bremer Bürgerschaft eingezogen.

Der ehemalige Schill-Anhänger und wütende Bürger Jan Timke am Montag in Bremen. Bild: dpa

Jetzt ist er also doch drin. Vorerst wenigstens. Mithilfe einer Wiederholungswahl im Bremerhavener Stimmbezirk Eckernfeld hat der Bundesvorsitzende der Formation "Bürger in Wut" Jan Timke, einen Sitz in der Bürgerschaft - dem Bremer Landtag - erobert. Beim regulären Wahltermin im Mai 2007 hatte er ihn denkbar knapp verpasst: Eine Stimme fehlte, um die Fünfprozenthürde in Bremerhaven zu nehmen.

Wie schon 2003 - damals noch als Landes-Chef der Schill-Partei - zog Timke vor den Staatsgerichtshof. Diesmal hatte er Erfolg: Der in Berlin stationierte Bundespolizist hatte grobe Fehler bei der Auszählung ermittelt. In Eckernfeld hatte sich die Wahlvorsteherin wegen Zählproblemen mit den Stimmzetteln im Rucksack allein auf den Weg ins Wahlamt gemacht - ein Kontrollausfall, der, laut Urteil, "die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit" des Ergebnisses beeinträchtigt habe - und die Wahlwiederholung erforderlich machte.

Die war am Sonntag. Es hätte an ein Wunder gegrenzt, wenn Timke auch diesmal gescheitert wäre: Bei der schlappen Wahlbeteiligung von unter 40 Prozent hätte er nur 20 Stimmen in dem 1.300-WählerInnen-Bezirk benötigt. Bekommen aber hat er 146, seine Liste avancierte im Eckernfeld zur zweiten politischen Kraft hinter der SPD.

Am Programm kann es kaum gelegen haben: Außenpolitisch macht sich BIW für die Menschenrechte in Russland, innenpolitisch aber für die menschenrechtswidrige "zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln" zur Überführung "potenzieller Drogenhändler" stark. Zu den landespolitischen Kernforderungen gehören ein eigenes Autokennzeichen für Bremerhaven und der "Anschluss" der Seestadt "an Niedersachsen".

Die inhaltlichen Defizite hat der 37-Jährige aber durch gepflegtes Outfit und direkten Kontakt wettgemacht: Unermüdlich hat er Klinken geputzt. Dass er sich geduldig und ernsten Blicks selbst die bescheuertesten Anliegen noch des kurzbehostesten Anliegers schildern ließ - das kam gut an in der Siedlung. Dagegen setzte die SPD in ihrem resignativen Wiederholungswahlkampf konsequent auf persönliche Diffamierung: Zentrales Motiv ihres einzigen Flugblatts war ein Makel, der Timkes Kandidatur anhaftet - dass der nämlich "kein Bremerhavener" sei, sondern "in Berlin lebt". Timke bestreitet das zwar. Tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft ihn aber aus diesem Grund wegen Wahlbetrugs angeklagt. Ein Verhandlungstermin steht noch aus. Bei einem Schuldspruch verlöre er das Mandat. Aber es bliebe quasi in der Familie: Auf Listenplatz zwei der Wutbürger steht Timkes Lebensgefährtin Anne Laue.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.