Baden-Württemberg will Hauptschulen reduzieren: Hauptschulen sollen Opfer bringen

Baden-Württemberg plant, die Zahl der kleinen Hauptschulen zu halbieren. So soll der Schultyp gerettet werden, dessen Schülerzahlen stark zurückgehen.

Hauptschulen werden immer unbeliebter. In diesem Schuljahr meldeten sich 13.000 Schüler weniger an als im Vorjahr. Bild: dpa

In Owingen am Bodensee ist die Welt noch in Ordnung. Golfplatz, Gewerbegebiet und Schule - alles ist dicht beieinander. Noch. Denn Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) plant laut Regierungskreisen, die Zahl der Hauptschulen drastisch zu reduzieren. Schulen mit nur einer Klasse pro Jahrgang soll es damit künftig nicht mehr geben. "Eine Bildungsoffensive wird vorbereitet", bestätigte ein Sprecher der Staatskanzlei.

Sie beträfe nicht nur die Owinger, sondern die Mehrheit aller Hauptschulen in Baden-Württemberg. Von 1.191 Hauptschulen in Baden-Württemberg sind 687 einzügig. Die steigende Tendenz zu solchen "Kleinstschulen" mit 40 bis 110 Schülern hat ihre Ursache einerseits in sinkenden landesweiten Schülerzahlen. Andererseits werden Hauptschulen immer unbeliebter. In diesem Schuljahr meldeten sich 13.000 Schüler weniger an als im Vorjahr. Eine Gruppe von 400 Rektoren hatte im vergangenen Jahr die Abschaffung der reinen Hauptschule gefordert. Grüne und SPD unterstützen die Forderung, genauso wie der baden-württembergische Handwerkstag.

Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Renate Rastetter, bezeichnet die Pläne der Regierung als Befreiungsschlag zur Rettung der Hauptschule - der missglücken werde. "An der Schulform hält die Landesregierung betonhart fest." Zweizügige Hauptschulen seien keine Antwort auf die Strukturdebatte, die auch in Baden-Württemberg immer dramatischer werde, rügte sie. "Nur die verpflichtende Schulempfehlung führt dazu, dass dort überhaupt noch Schüler sind."

Auch die Bürgermeister sehen die Gefahr, dass Hauptschulen ausbluten und ihr jeweiliger Schulstandort per Erlass aus Stuttgart geschlossen werden könnte. Dazu müsste das Schulgesetz geändert werden. Der Vorsitzende des Städtetages, Stefan Gläser, fordert Ausnahmen. "Regionale und pädagogische Besonderheiten von Hauptschulen sollten beachtet werden", sagte er der taz. So schlecht sei das dreigliedrige Schulsystem nicht.

Der Leiter der Owinger Grund- und Hauptschule, Rainer Ewansky, gehört zu jener Gruppe der "Oberschwäbischen Rebellen", welche die Abschaffung der Hauptschule fordern. Rund 300 Schüler lernen an seiner Schule, 90 davon in den Klassen 5 bis 10. "Alles ist überschaubar, wir haben hier keine Probleme mit Gewalt." Solche wohnortnahen Schulstandorte ließen sich nur erhalten, wenn die Schüler länger gemeinsam lernten. Das Kultusministerium plant, den kleinen Hauptschulen entgegenzukommen. Sie sollen die Möglichkeit bekommen, fünfte und sechste Realschulklassen einzurichten und Schüler in Deutsch, Mathe und Englisch gemeinsam zu unterrichten. Auch in Owingen soll es solch eine "kleine Gemeinschaftsschule" geben. "Wir können die Kinder auch in Sport, Kunst und Sachkunde zusammenlassen", plant der Schulleiter, "wenn sie sich doch von der Grundschule kennen."

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