Sojaanbau im Amazonas boomt weiter: Für Tulpen wird nicht gerodet

Greenpeace und brasilianische Sojahänder verlängern Moratorium des Sojaanbaus um ein weiteres Jahr. Doch die freiwillige Verpflichtung tut keinem weh.

Mit der gelben Bohne lassen sich derzeit fette Gewinne einfahren. Bild: dpa

PORTO ALEGRE taz Brasiliens neuer Umweltminister Carlos Minc versucht nach Kräften, Zeichen in der Amazonaspolitik zu setzen. Am Dienstag gab er der Verlängerung des „Soja-Moratoriums“ seinen Segen, einer Abmachung zwischen den Sojafarmen und Greenpeace, wonach keine gelben Bohnen gehandelt werden sollen, die von neu gerodeten Urwaldflächen in Amazonien stammen. In Brasília kündigte Minc ähnliche Abkommen mit Firmen an, die mit Rindfleisch und Holz aus dem Amazonasgebiet handeln.

Das Soja-Moratorium, das seit zwei Jahren in Kraft ist, lobte der Minister als „gelungene Initiative der Zivilgesellschaft“. Allerdings legte er gleich den Finger in die Wunde und mahnte eine größere Kontrolle bei der „Begleitung der Produktionslinien und der Ergebnisse“ an. Innerhalb von zwei Monaten möchte er eine genauere Zwischenbilanz des Moratoriums sehen.

Die Regierung verpflichte sich im Gegenzug, sämliche Grundstücke in Amazonien zu registrieren, versprach Minc. Dies ist eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, um gegen Umwaldzerstörer vorgehen zu können. Im Bundesstaat Mato Grosso etwa sind bisher weniger als 10.000 der rund 120.000 Farmen ins Grundbuch eingetragen.

Für Greenpeace-Koordinator Paulo Adário ist die Verlängerung ein Beleg dafür, dass „ein wesentlicher Teil des brasilianischen Agrobusiness die Produktion garantieren kann, ohne dass ein einziger Hektar Amazonas-Regenwald mehr gefällt werden muss“. In den 40 Gemeinden mit dem größten Sojaanbau wurden zwischen Dezember 2007 und Februar 2008 an die 500 Quadratkilometer Regenwald gerodet, schätzt Adário.

Auf jenen Gebieten habe man jedoch keinen einzigen Sojastrauch festgestellt, versicherte Carlos Lovatelli vom Dachverband der Sojafarmer Abiove. 94 Prozent der brasilianischen Sojahändler, daunter die Multis Bunge, ADM oder Cargill und der Amaggi-Konzern von „Sojakönig“ Blairo Maggi, sind in Abiove oder dem Getreideexportverband Anec organisiert, der ebenfalls im Boot sitzt.

Greenpeacer Adário wollte Lovatelli nicht widersprechen, doch er sagte: „Es ist unwahrscheinlich, dass auf den gerodeten Flächen Rosen oder Tulpen angebaut werden“. Seit einem Jahr hat sich Regenwaldzerstörung in Amazonien rapide beschleunigt - parallel zum Anstieg der Getreide-Weltmarktpreise. „Soja ist kein wichtiger Faktor bei der Entwaldung“, heißt es hingegen in der Abiove-Erklärung.

Vor allem gibt es bislang keinerlei Mechanismen, um die Herkunft der proteinhaltigen Bohnen zu belegen. Glauber Silveira, der Vorsitzende der Sojafarmer von Mato Grosso, tut die freiwillige Verpflichtung sogar als „Werbeaktion der Händler“ ab. Nicht das Moratorium halte die Großbauern davon ab, neue Flächen zu erschließen, sagt Silveira, „viele wissen überhaupt nicht, dass es so etwas gibt“. Ausschlaggebend seien die Rodungskosten.

Und die erwarteten Gewinne: An der Getreidebörse von Chicago treiben derzeit Spekulanten die Preise für Sojaschrot und -öl in neue Rekordhöhen. Die brasilianischen Sojafarmer bekommen 150 Prozent mehr als vor zwei Jahren, die Preise für Rindfleisch stiegen um 85 Prozent. Neuen Zahlen der staatlichen Statistikbehörde zufolge beherbergt Amazonien bereits 36 Prozent der landesweiten Rindfleisch- und 39 Prozent der Sojaproduktion.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.