Kommentar Klimaschutzpaket: Zeit für schlechte Nachrichten

Wird das zweite Klimapaket unser Leben verändern? Nein, nur für Spediteure, Vermieter und Stromzählerproduzenten.

Nun ist es raus, das zweite Klimapaket, mit dem die Bundesregierung Deutschland zum Vorreiter im Kampf gegen die Erderwärmung machen will. Bis 2020 sollen mit ihm 35 Prozent der Treibhausgasemissionen von 1990 eingespart werden. Und? Wird sich nun unser Leben verändern?

Leider nein. Denn das zweite Klimapaket enthält neben dem Ausbau der Stromnetze ein paar Cent mehr Mautgebühr, verbesserte Dämmvorschriften für Hausbauer und neue Stromzähler - für die, die welche wollen. Wer also nicht gerade Spediteur, Vermieter oder Stromzählerproduzent ist, der wird vom nun beginnenden Klimaschutz in Deutschland gar nichts merken. Und das ist von der großen Koalition auch gewollt: Klimaschutz soll niemandem wehtun, und falls doch, gibt es - wie für Spediteure oder Eigenheimbesitzer - Ausnahmen und Ausgleichsregelungen.

Eine solche Politik kann nach der Logik des Problems gar nicht erfolgreich sein: Unser energiehungriger Lebensstil ist dafür verantwortlich, dass Treibhausgase die Erde erwärmen. Mit über 10 Tonnen Kohlendioxid pro Kopf gehören die Deutschen zu den größten Klimasündern weltweit. Würden Chinesen, Inder und Vietnamesen auch nur halb so viel Kohlendioxid pro Kopf produzieren - die Welt wäre unrettbar.

Wirksamer Klimaschutz wird deshalb wehtun, eben weil wir auf lieb gewonnenen Luxus verzichten müssen. Ein Tempolimit von 120, eine wirksame Klimasteuer aufs Fliegen, eine neue Stufe der Ökosteuer - ohne eine Politik, die alle in die Klimaschutzbemühungen einbezieht, wird es keine Wende in ein kohlenstoffärmeres Zeitalter geben. Es ist leicht, immer nur die Industrie zu mehr Klimaschutz zu animieren. Die Wende ist nur zu schaffen, wenn alle an der Aufgabe mitarbeiten.

Mal angenommen, die vorgelegten Instrumente würden tatsächlich das 35-Prozent-Ziel erreichen lassen: Die Wissenschaft sagt uns, dass Deutschland seine Treibhausgasproduktion bis 2050 um 80 Prozent reduzieren muss. Deshalb ist es billig, wenn sich die schwarz-rote Regierung für das zweite Klimaschutzpaket nun lobt. Lob wäre angebracht, wenn sie den Wählern klarmachen würde, dass ihr Leben so nicht weitergehen kann.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.