Rumänien scheitert an Hollands B-Elf: "Irgendwie fehlte uns die Kraft"

Sie begannen als Favoritenschreck und endeten als Sparringspartner: Mutu schimpfte statt zu spielen, sein Team kam nicht in Fahrt - dabei hatte Holland es ihnen leicht gemacht.

Kein Wille, keine Kraft: Rumäniens Star Mutu am Boden. Bild: dpa

BERN taz Am Ende war alles wie immer, wenn die Rumänen bei großen Fußballturnieren mitmachen. Zuerst verschaffen sie sich Respekt, erspielen sich kleine Erfolge, und genau dann, wenn die Fußballwelt beginnt zu glauben, dass diese Mannschaft vielleicht wirklich etwas erreichen kann, setzt ein Zustand der Lähmung ein. "Irgendwie fehlte uns die Kraft", sagte Kapitän Christian Chivu nach dem müden und tempoarmen 0:2 gegen die Holländer. Rumänien ist ausgeschieden. Statt als Favoritenschreck in die Annalen einzugehen, werden sie als biederer Durchschnittsteilnehmer schnell vergessen werden.

Es war ein erschreckendes Bild, das diese Mannschaft am Dienstagabend in Bern abgab. Langsam, kraftlos und ohne Überzeugung traten sie auf, Adrian Mutu, ihr großer Star, war mehr damit beschäftigt, seine Mitspieler zu beschimpfen als Fußball zu spielen, das war keine funktionierende Fußballmannschaft. Wie ein Rückfall in eine längst vergangene Fußballzeit war das, eine Zeit in der das Spiel noch langsam war und die Stars über dem Kollektiv standen. Als Mutu später sagte, "ich habe heute alles für die Mannschaft gegeben", klang das wie blanke Ironie. Rumänien hat zwar Unentschieden gegen die WM-Finalisten Italien und Frankreich gespielt, ein ausgewogenes und auf ein Turnierverlauf abgestimmtes Leistungsniveau hat sie aber nie gefunden.

Dabei hatten die Holländer ihnen ein sehr faires Angebot gemacht. Auf neun Positionen hatte Trainer Marco van Basten sein Team gegenüber dem beeindruckenden 4:1 gegen Frankreich umgestellt. Zwar spielten trotzdem Leute wie Arjen Robben, Robin van Persie oder der junge Klaas Jan Huntelaar, der 96 Tore in 114 Partien für Ajax Amsterdam erzielt hat. Doch natürlich fehlte in diesem für die Holländer bedeutungslosen Spiel die Zauberkraft der ersten beiden Auftritte. Van Basten sagte nach der Partie, "wir haben 23 gleichwertige Spieler, das bedeutet Stärke". Hätten sie jedoch verloren, wären wohl sämtliche Sympathien der Italiener für die Niederländer für viele Jahre erkaltet.

Doch auch diese holländisch B-Elf spielte viel souveräner gegen Rumänien als Italien und Frankreich an den Spieltagen zuvor. Die Statistik wies am Ende die beeindruckende Quote von 68 Prozent Ballbesitz für die Holländer aus, allerdings verrät dieser Wert wohl mehr über den Grad der rumänischen Lähmung als über den souveränen Gruppensieger. "Wir haben von dem 1:0 der Italiener gegen Frankreich gehört, wir lagen selber 1:0 zurück, aber wir konnten einfach nicht reagieren", klagte Chivu. Eventuell habe das Team in den ersten Spielen zu viel Kraft gelassen. "Unsere Spieler sind es nicht gewohnt auf diesem Niveau zu spielen".

Vielleicht fehlte der rumänischen Mannschaft aber auch so etwas wie der unbedingte Wille. So wie die Schweiz wirkte am Ende auch Rumänien schicksalsergeben und irgendwie zufrieden mit dem Erreichten. "Wir haben eine sehr junge Mannschaft, waren seit acht Jahren bei keinem Turnier dabei, wir werden dieses Turnier als wichtige Erfahrung mitnehmen und schauen jetzt auf die WM 2010", meinte der junge Razvan Cocis, der sich seinen Wunsch, von einem europäischen Spitzenklub entdeckt zu werden, eher nicht erfüllen konnte.

Ergebnis: 2:0 (0:0)

Niederlande: Stekelenburg - Boulahrouz (58. Melchiot), Bouma, Heitinga, de Cler - de Zeeuw, Engelaar - Afellay, van Persie, Robben (61. Kuyt) - Huntelaar (83. Vennegoor of Hesselink )

Rumänien: Lobont - Contra, Tamas, Ghionea, Rat - Cocis, Chivu, Codrea (72. Dica) - Nicolita (82. Petre), Marius Niculae (59. Daniel Niculae), Mutu

Schiedsrichter: Busacca (Schweiz)

Zuschauer: 30.777 (ausverkauft)

Tore: 1:0 Huntelaar (54.), 2:0 van Persie (87.)

Gelbe Karten: - / Chivu

Beste Spieler: Afellay, Heitinga / Mutu, Codrea

Im Inneren haderten sie offenbar noch etwas mit dem vergebenen Elfmeter aus der Partie gegen Italien. Hätte Mutu den Strafstoß verwandelt, wären die Rumänen anstelle des Weltmeisters ins Viertelfinale vorgerückt, ungefragt sagte Mutu: "Das war der Schlüsselmoment, denn heute hatten wir keine Chance, Holland ist das beste Team der Europameisterschaft".

Mit dieser Meinung steht der Stürmer nicht allein. Die Niederländer sind innerhalb gut einer Woche vom Außenseiter, von dem niemand so recht wusste, wie er einzuschätzen war, zum vielleicht ambitioniertesten Anwärter auf den Titel geworden. "Wir sind jetzt nicht mehr Außenseiter, wir müssen uns jetzt mit der neuen Rolle des Favoriten anfreunden, und das ist etwas völlig anderes", sagte Torhüter Edwin van der Sar, der wie die meisten seiner Kollegen aus der Stammelf geschont wurde.

Der Routinier ist etwas in Sorge, dass das junge Team sich mit diesem neuen Ruf etwas schwerer tut. "Wir müssen aus den kleinen Fehlern lernen, die Italien und Frankreich gegen uns gemacht haben, die dürfen nicht passieren", warnte van der Sar. Als Holländer kennt er sich aus mit diesen seltsamen Zusammenbrüchen, die nicht nur die Rumänen schon aus den kühnsten Träumen gerissen haben.

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