Jogi Löw im "Ausnahmezustand": Als Krieger gegen Portugal

Mit dem Spiel gegen Österreich ist der nette Herr Löw zum Krieger geworden. Gegen Portugal darf es nun notfalls auch auf Biegen und Brechen gehen.

Gut gebrüllt, Löwe! Bild: ap

TENERO taz Der nette Herr Löw, er ist zum Krieger geworden. Am Tag nach dem Spiel gegen Österreich präsentierte er sich als stolzer General, dessen Truppe den Gegner nach aufreibender Schlacht in die Flucht geschlagen hat. Ein neues, für Löw ungewöhnliches Vokabular war zu vernehmen. Er sprach vom "Ausnahmezustand", der vor dem Spiel gegen Österreich geherrscht habe, zeigte sich zufrieden damit, wie sich seine Spieler präsentiert haben. "Die Vorgabe war, alles zu mobilisieren." Das sei gelungen. "Alle haben im Dienst der Mannschaft gekämpft."

Ausnahmezustand, Mobilisierung, Kampf. Der Bundestrainer ist im Turnieralltag angekommen. "Es war enorm wichtig, zu gewinnen und eine Runde weiterzukommen." Und spätestens da horchten alle auf: "Solche Spiele liebe ich als Trainer. Für Spiele auf des Messers Schneide lieben wir alle den Fußball." Der Fußballschöngeist singt das Loblied auf den hässlichen Kampf.

Jetzt steht das Viertelfinale gegen Portugal an. Löw hat der Öffentlichkeit den Einzug in die Vorschlussrunde versprochen. Und so wie er sich am Dienstag in Tenero präsentiert hat, darf durchaus angenommen werden, dass es ihn nicht stören würde, wenn auch die Partie am Donnerstag, in der die Deutschen erstmals bei dieser EM nicht in der Favoritenrolle sind, über den Kampf entschieden wird. Es geht ums Gewinnen.

Das Spielerische, das Löw stets so in der Vordergrund gerückt hat, es ist nicht mehr das Hauptanliegen des Bundestrainers. Wenn es gelingt, endlich wieder so zu spielen, "wie wir es in der Vergangenheit durchaus schon gezeigt haben", dann soll es ihm recht sein. Doch wichtig sind jetzt Siege.

Wahrscheinlich wirkte er auch deshalb so zufrieden, weil er sich keine Sorgen machen muss um die Einstellung des Teams. Und während sich die Mannschaft in Eigeninitiative ins Turnier kämpft, kann Löw weiterarbeiten an den spielerischen Mängeln seiner Mannschaft, die er natürlich auch im Spiel gegen die Österreicher gesehen hat. Michael Ballack gibt den Einpeitscher, der - wie Löw es sagte - "einen wichtigen Einfluss auf die Mannschaft ausübt". Und Löw selbst kann weiter versuchen, ein ansehnliches und schnelles Offensivspiel zu organisieren. Auch als Krieger schwärmt er von der Schönheit des Spiels, bleibt in dieser Hinsicht Optimist und rechnet für das Viertelfinale damit, "dass beide Mannschaften offensiven Kombinationsfußball zeigen werden".

Löw geht davon aus, dass die Portugiesen offensiver spielen werden, als es die Österreicher getan haben, offensiver auch als die Kroaten. Er hofft, dass sich so die Möglichkeit ergibt, endlich wieder geordnet und schnell nach vorne zu spielen. Er weist auf die gefährlichen Angreifer hin, auf den rochierenden Ronaldo, den als Passgeber immer gefährlichen Deco. "Wir müssen kontrollieren und verschieben", sagte er. Und was, wenn die Portugiesen am Donnerstag doch tief stehen? Löws Plan vom schönen deutschen Spiel, er scheint zur Wunschvorstellung verkommen zu sein.

Nun entscheidet die Uefa, ob Löw das Viertelfinale von Basel von der Tribüne aus beobachten muss. Von dort habe man gar keinen so schlechten Überblick, sagte er. Der überaus gut aufgelegte Jens Lehmann regte gar an, es zur Regel zu machen, den Cheftrainer auf die Tribüne zu setzen und einen Funkkontakt zur Bank einzurichten. Die zweite Hälfte gegen Österreich habe sich Löw, so sagte er es, von oben "ganz ruhig" angesehen. Er sei sich sicher gewesen, dass sein Team gewinnt. Von dort oben wird er aber auch mit Entsetzen gesehen haben, wie Torsten Frings einen hohen Ball nach dem anderen nach vorne gedroschen hat. Der Bundestrainer: "Da wurden manchmal die Bälle weggehauen, statt konstruktiv aufzubauen. Das entspricht eigentlich nicht unserer Spielweise." Nicht der Spielweise, so hätte er sich wohl korrekt ausdrücken müssen, die sich Löw von seinem Team wünscht.

Löw würde sich in spielerischer Hinsicht morgen gerne von seiner Mannschaft überraschen lassen. Er sagt: "Ich denke, dass wir gegen Portugal auch wieder spielerisch mehr Akzente setzen werden", und weiß doch, dass er den Beobachtern kein schönes Spiel versprechen kann.

Löw wird wohl versuchen, mit Bastian Schweinsteiger, der nach seiner Rotsperre wieder mitmachen darf, dem deutschen Spiel zu mehr Witz zu verhelfen. Der hat ja schon ein paar Mal den portugiesischen Torhüter Ricardo bezwungen - im Spiel um den dritten Platz bei der WM und für die Bayern im Spiel gegen Sporting Lissabon. Es waren Distanzschüsse, Gewaltakte. Krieger Löw hätte sicher nichts dagegen, wenn das Viertelfinale so entschieden wird.

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