Hohe Spritpreise: Dieselknappheit treibt den Preis

Der Diesel-Boom hat die Raffinerien kalt erwischt. Sie produzieren zu viel Benzin und zu wenig Diesel. Das ist nun knapp und dürfte damit langfristig teurer sein als Benzin.

Nichts ist hier super. Bild: ap

Nicht nur Autofahrer kamen in der letzten Zeit beim Anblick der Tankstellenpreise ins Staunen: Vielerorts kostet Diesel inzwischen mehr als Benzin. Und die Dieselfahrer müssen sich darauf einstellen, dass das nicht vorübergehend ist. "Diesel wird in Deutschland in den nächsten Jahren eher teurer sein als der Benzinkraftstoff", sagte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research der Fachhochschule Gelsenkirchen.

Wie kann das sein? Pro Liter Diesel verlangt der deutsche Staat im Interesse des Güterverkehrs 18,5 Cent weniger Mineralölsteuern als für Benzin. Diese Subvention führt zu einer steigenden Nachfrage. Im vergangenen Jahr waren hierzulande fast die Hälfte aller Neuzulassungen Dieselfahrzeuge. Auch in den USA werden sie beliebter. Darüber hinaus treibt auch die Nachfrage aus Schwellenländern für den Gütertransport und Strom aus Dieselaggregaten den Preis nach oben. Angeblich bunkert China zudem Diesel, um Engpässe während der Olympiade auszuschließen.

Auf diesen zusätzlichen Nachfrageschub waren die Raffinerien nicht eingestellt, berichtet das Branchenblatt Energie-Informationsdienst (EID): "Die Überraschung des Frühjahrs ist - neben der Rohölpreisexplosion - der Nachfrageboom für Mitteldestillate, der die Raffinerien weltweit aus dem Gleichgewicht bringt." Mitteldestillate sind Produkte, die bei mittlerer Temperatur gewonnen werden, wie leichtes Heizöl, Kerosin und Diesel.

Bei der Zerlegung des Erdöls in seine Bestandteile entsteht typischerweise nur gut ein Fünftel Dieselkraftstoff. Ein weiteres Viertel ist das leichtere Benzin. Zwar lässt sich mit modernen Anlagen auch das wenig begehrte schwere Heizöl zu Diesel oder Benzin aufwerten, aber die Raffinerien haben in den vergangenen Jahren weltweit den Markt falsch eingeschätzt und vor allem in die Benzinproduktion investiert. Die Folge: Benzin ist reichlich vorhanden, während Diesel knapp wird - und deshalb immer teurer. So ist nach EID-Angaben der Benzinpreis an der Ölbörse Rotterdam seit Jahresbeginn um 26 Prozent gestiegen, während sich Diesel fast doppelt so schnell, nämlich um 49 Prozent, verteuerte. Allein zwischen Mittwoch und Freitag vergangener Woche weitete sich die Preisdifferenz zwischen Benzin und Diesel von 200 auf 230 US-Dollar pro Tonne aus.

Die rasante Entwicklung ist ein Indiz dafür, dass mit der Dieselknappheit derzeit offenbar kräftig spekuliert wird. Die Finanzmärkte hätten das Heft in die Hand genommen, meint eine Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbands. Der relative Überfluss an Benzin führt aber nicht dazu, dass dessen Preis an der Zapfsäule sinkt - denn vor allem in den USA ist es weiterhin gefragt. Den Bedarf können die US-Raffinieren längst nicht mehr decken, sodass Benzin aus Europa eingeführt werden muss. Unklar ist, wie lange sich die USA noch auf Benzin aus Europa verlassen können. Denn die Benzinnachfrage dürfte hier relativ zum Diesel anziehen. Schon in den vergangenen Monaten wurden weniger Dieselfahrzeuge verkauft. Stattdessen werden sich verbrauchsarme Benziner und ebenfalls mit Benzin fahrende Hybridfahrzeuge auf dem Markt durchsetzen, prognostiziert Dudenhöffer. Den Marktanteil der Diesel im Jahr 2020 schätzt er nur noch auf 30 Prozent.

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