Kampf der Nazis gegen die Literatur: Elite verbrennt Bücher

Am 10. Mai 1933 wurden über 20.000 Bücher öffentlich verbrannt. In der "Bibliothek Verbrannter Bücher" sollen 120 der von den Nazis verbotenen Titel wieder veröffentlicht werden.

Deutsche Nachwuchselite wirft Bücher ins Feuer, in Berlin am 10. Mai '33. Bild: dpa

DPA/taz Auf den "Schwarzen Listen" der Nationalsozialisten standen tausende Bücher, die vor 75 Jahren auf dem Scheiterhaufen verbrannt und nach dem Krieg nicht wieder aufgelegt wurden. In einer "Bibliothek Verbrannter Bücher" sollen nun 120 ausgewählte Titel wieder veröffentlicht werden und eine große Leserschaft erreichen. Das Projekt des Moses-Mendelssohn-Zentrums der Universität Potsdam wurde am Freitag mit einer ersten zehnbändigen Buchkassette - darunter Werke von Erich Kästner, Jack London, Kurt Tucholsky und Salomon Friedlaender - im Deutschen Historischen Museum in Berlin vorgestellt.

"Wir wollen mit der Bibliothek ein lebendiges Mahnmal schaffen", sagte der Direktor des Zentrums, Julius Schoeps. Er hoffe, dass dadurch "ein Teil des Kulturbruchs von 1933" behoben werden könne. "Die junge Generation soll ermutigt werden, an das Erbe vor 1933 anzuknüpfen." Die Bibliothek bietet einen Querschnitt der damaligen Kultur- und Literaturströmungen und richtet sich vor allem an Schüler. Mehr als 4000 Schulen sollen die Gesamtausgabe als Geschenk erhalten. Verschiedenen Stiftungen und Institutionen fördern das Projekt.

In einem symbolischen Akt überreichte der 98-jährige Hans Keilson ("Das Leben geht weiter"), einer der letzten lebenden Autoren, deren Werke von den Nazis verbrannt wurden, zwei Buchkassetten an je eine Schule in Berlin und Potsdam. Zur Bibliothek sollen auch drei wissenschaftliche Begleitbände erscheinen. Der Band "Die Orte der Bücherverbrennung in Deutschland" liegt bereits vor. Im Jahr ihrer Machtergreifung inszenierten die Nationalsozialisten 94 Bücherverbrennungen, die erste am 7. März in Dresden, die letzte am 9. Oktober in Rendsburg.

Unabhängig von der Reihe hat die Berliner Senatsverwaltung zum 75. Jahrestag der Bücherverbrennung die von den Nationalsozialisten erstellte "Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums" aufbereitet und zur freien Recherche ins Internet gestellt. Mit der Bildung der Reichsschrifttumskammer am 1. November 1933 wurde die "Ausmerzung undeutschen Schrifttums" perfektioniert. Mit Erlass vom 25. April 1935 erhielt die Reichsschrifttumskammer den Auftrag, "eine Liste solcher Bücher und Schriften" zu führen, "die das nationalsozialistische Kulturwollen gefährden". Schließlich umfasste die "Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums" mehr als 4500 Einträge, oft das gesamte Werk eines Autors oder die gesamte Edition eines Verlages.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.