Grundrechtereport kritisiert G8-Einsatz: NGOs beklagen Verzögerungstaktik

Der neue Grundrechtereport kritisiert die Eingriffe in das Versammlungsrecht während des G-8-Gipfels 2007.

"Taktik der Fehlinformation": Bürgerrechtsorganisationen kritisieren Polizei Bild: dpa

FREIBURG taz Der beste Rechtsschutz hilft nicht, wenn die Polizei dem Gericht falsche Informationen liefert oder gar die Kooperation verweigert. Das ist ein Fazit, das die neueste Ausgabe des Grundrechtereports aus den Konflikten um den G-8-Gipfel in Heiligendamm im vorigen Sommer zieht. Sowohl bei der Durchsetzung von Demonstrationsverboten als auch der Aufrechterhaltung von Haft habe die Polizei rechtsstaatliche Regeln ausgehebelt.

Der Grundrechtereport wird jährlich von neun Bürgerrechtsorganisationen, darunter die Humanistische Union und Pro Asyl, herausgegeben. Er zeigt Grundrecht für Grundrecht die Gefährdungen durch neue Gesetze und Verwaltungsmaßnahmen. Das diesjährige Schwerpunktthema waren die drastischen Eingriffe in die Versammlungsfreiheit rund um den G-8-Gipfel.

Selbst gegenüber dem Bundesverfassungsgericht sei seinerzeit eine "Taktik der Fehlinformation" angewandt worden, kritisiert Elke Steven vom Komitee für Grundrechte und Demokratie. So habe das Gericht, das kurzfristig gegen das weiträumige Heiligendammer Demonstrationsverbot angerufen worden war, von der Polizei falsche Zahlen über angeblich schwer verletzte Polizisten bei der Auftaktkundgebung in Rostock erhalten. Auch die Zahl von "über 2.000 gewaltbereiten Störern" in Heiligendamm hält sie für stark übertrieben. Solche Polizeiangaben hätten jedoch dazu geführt, dass die Verfassungsrichter in ihrer Eilentscheidung zwar das Ausmaß der demonstrationsfreien Zonen als "bedenklich" eingestuft, aber das Demonstrationsverbot nicht aufgehoben habe.

Ähnliche Kritik äußert die Hamburger Rechtsanwältin Karen Ullmann zur Festnahme von weit über 1.000 Personen während der Gipfelproteste. Eigentlich hätten diese einen Anspruch auf eine unverzügliche richterliche Entscheidung über die Haft gehabt. Doch nur in der Hälfte der Fälle habe eine richterliche Prüfung stattgefunden. Die Gefangenen hätten "praktisch keine Chance" gehabt, etwas gegen die verzögerte Richtervorführung zu tun. Da es in den Käfigen der Gefangenensammelstelle weder Papier noch Stifte gab, konnten sie keine Anträge stellen. Und der Kontakt zu Anwälten sei ihnen auch oft verwehrt worden. Soweit es Gerichtsentscheidungen gegeben hätte, hätten diese meist zur sofortigen Freilassung geführt. "Wo willkürliche Festnahmen in einem unberechenbaren Gewahrsam enden, ist die Demontrationsfreiheit nur eine schöne Illussion", bilanziert Ullmann, die während des Gipfels als Anwältin tätig war. Als Lob für ihren "alternativen Verfassungsschutzbericht" wurden die Herausgeber kürzlich von der FDP-nahen Theodor-Heuss-Stiftung ausgezeichnet. CHRISTIAN RATH

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