Innenminister in der Kritik: Libyen-Affäre erreicht Stuttgart

Baden-Württembergs CDU-Innenminister handelte in der Polizeiaffäre nur zögerlich.

Legte lange die Hände in den Schoß: Baden-Württembergs Innenminister Rech. Bild: dpa

KÖLN taz In der Affäre um die Ausbildungseinsätze deutscher Elitepolizisten in Libyen gerät der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech zunehmend in die Kritik. Die Opposition im Landtag wirft dem Christdemokraten vor, er habe viel zu spät auf den Verdacht reagiert, auch Beamte aus seinem Bundesland seien an dem anrüchigen Tripolis-Trip beteiligt gewesen. Rechs Erklärungsversuche für das späte Eingreifen strotzten vor "Widersprüchen" und "Ungereimtheiten".

Bereits Ende vergangenen Jahres war das Stuttgarter Ministerium informiert worden, dass auch Polizisten aus dem Südwesten an den Schulungen in libyscher Polizeikräfte beteiligt waren. Von ihren Führungsaufgaben wurden die drei leitenden Beamten von der Bereitschaftspolizei Göppingen jedoch erst nach Medienberichten im April entbunden. Die monatelange Untätigkeit seines Ministeriums hatte Rech im Innenausschuss des Landtages damit begründet, das nordrhein-westfälische Innenministerium und die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hätten seinem Ministerium Anfang Dezember 2007 mitgeteilt, dass kein Handlungsbedarf bestehe. Eine Sichtweise, die allerdings weder von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf noch von dem dortigen Innenministerium bestätigt wird. "Die Entscheidung über Maßnahmen gegen Beamte liegt in der Hoheit des zuständigen Dienstherren", sagte eine Sprecherin des NRW- Innenministers lapidar.

"Rech hat immer noch nicht nachvollziehbar beantwortet, warum er monatelang die Hände in den Schoß gelegt hat", kritisiert SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Es sei völlig unverständlich, warum der Minister nicht gleich aktiv wurde, als ihm die ersten Vorwürfe in der Libyen-Affäre bekannt geworden sind. "War es Absicht oder Unvermögen?" Der innenpolitische Sprecher der Landtagsgrünen Uli Sckerl sagte: "Rechs Erklärungsversuche brechen zusammen wie ein Kartenhaus." SPD und Grüne haben jetzt per Antrag den Minister aufgefordert, sich auf der nächsten Landtagssitzung zu erklären.

Erst am vergangenen Freitag wurden die drei beschuldigten Polizisten zu ihren Aktivitäten in Libyen befragt. Laut Angaben des baden-württembergischen Innenministeriums hätten sie sich "nicht dezidiert" zu den Vorwürfen geäußert, teilweise von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht und angekündigt, sich anwaltlich beraten zu lassen. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass das gegen die Beamten eingeleitete Disziplinarverfahren Wochen in Anspruch nehmen werde. Öffentliche Vorverurteilungen der drei Polizisten seien "inakzeptabel", betonte Rech. Insgesamt sollen mehr als 30 aktive und ehemalige Polizisten, Bundeswehrangehörige und Spezialisten mit GSG-9-Hintergrund an dem privatwirtschaftlichen Einsatz im nordafrikanischen Wüstensand involviert gewesen sein.

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