Offensive islamistischer Rebellen: Leichen in Mogadischus Straßen

Somalias Hauptstadt hat die heftigsten Kämpfe seit Monaten erlebt. Mehr als 85 Menschen sollen ums Leben gekommen sein. Vor der Küste haben Piraten einen Trawler gekapert

Nach den Kämpfen: In Mogadischu bedeckt ein Mann die Leiche eines Zivilisten Bild: rtr

NAIROBI taz Das Grollen der Panzer, die knatternden Schüsse der Maschinengewehre und die dumpfen Einschläge von Raketen und Granaten waren das ganze Wochenende lang überall in Mogadischu zu hören. Als die Bewohner am Montag ihre Häuser verließen, zeigte sich das Ausmaß der heftigsten Kämpfe, die Somalias Hauptstadt seit Monaten erlebt hat: Mehr als 85 Opfer, so schätzen somalische Menschenrechtler, sollen die jüngsten Gefechte gefordert haben. Die meisten sind Zivilisten, auch ein siebenjähriges Mädchen ist unter den Toten.

"Als ich die Feuerpause am Montag nutzte, um aus meinem Haus zu fliehen, habe ich direkt davor die Leichen von vier Nachbarn liegen sehen", berichtet Hussein Abdullah, einer der wenigen, die in der Stadt noch ausharren. Im Laufe des Tages kam es zu weiteren Schusswechseln und Granatenangriffen der Rebellen. "Im Moment kontrollieren sie die Stadt", erklärte der Politiker Omar Abdullahi Farole einer Nachrichtenagentur.

Mehr als eine Million Bewohner, so schätzen die UN, sind aus Mogadischu geflohen, seit Äthiopiens Armee Ende 2006 die damals in der Stadt herrschenden Islamisten von der Regierung verjagte. Sie geht seitdem an der Seite von Somalias Übergangsregierung brutal gegen Untergrundkämpfer vor, allen voran die islamistisch-militante al-Shabaab. Beide Seiten nehmen keine Rücksicht auf Verluste.

"Wir bedauern die zivilen Opfer", teilte Somalias Premierminister am Sonntagabend mit. "Wir wollen Recht und Ordnung am liebsten friedlich wiederherstellen, aber wenn wir angegriffen werden, schlagen wir zurück." Bewohner berichten, die äthiopische Armee habe am Wochenende mehrere Wohnviertel im Nordosten Mogadischus bombardiert und sogar eine Moschee beschossen, in der sich Frauen und Kinder in Sicherheit gebracht hatten. Zehn Menschen sollen dort gestorben sein. Die Moschee gehörte einer Sufi-Sekte, die als nicht militant gilt und sich bisher aus dem Konflikt herausgehalten hatte.

Die somalischen Behörden verhafteten zudem erneut einen unabhängigen Journalisten, der für die von der EU geförderte Radiostation Shabelle arbeitet. "Der Mann hat gelogen und wird wegen der Verbreitung falscher Nachrichten verurteilt", kündigte Polizeikommandeur Abdulkadir Mohammed Abdullahi an.

Immer mehr Somalier fürchten eine neue Hungerkrise. Wegen einer Dürre hat sich der Preis für Sorghum auf den Märkten binnen einem Monat verdoppelt. Viele Viehhirten verkaufen ihre Kamele, weil sie zu verdursten drohen.

Zu den wenigen Profiteuren der Lage gehören kriminelle Milizen wie jene, die am Sonntag einen spanischen Fischtrawler mit 26 Besatzungsmitgliedern an Bord kaperten. Die "Playa de Bakio" war 400 Kilometer vor Somalias Küste unterwegs, wo erst vor zwei Wochen eine französische Luxusjacht Opfer von Piraten geworden war. Am Montag meldete sich der Piratenkapitän beim spanischen Rundfunk und teilte mit, die Freilassung sei eine "Frage des Geldes". Für die Freigabe der französischen Jacht waren 1,3 Millionen Euro geflossen.

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