Sommer weist Täuschung der Aktionäre zurück: "Ich bin doch kein Kalender"

Im Verfahren um möglicherweise geprellte Telekom-Anleger gibt der ehemalige Telekom-Chef Ron Sommer den Elder Statesman mit Erinnerungslücken.

Auf die Füße gefallen: Diverse Mandate und Beraterverträge sichern Ron Sommer weiter einen hohen Lebensstandard. Bild: rtr

Wer erinnert sich noch an Telekom-Boss Ron Sommer? Der smarte Topmanager war zur Jahrtausendwende und kurz vor dem dritten Börsengang des ehemaligen Staatsunternehmens auf dem Gipfel der Macht angelangt. Nach diversen Fehltritten besonders auf dem internationalen Parkett stürzte er nur zwei Jahre später tief ab. Und die Aktie der Telekom gleich mit ihm.

Sechs Jahre nach seiner Demission auf Druck auch der Regierung von Gerhard Schröder (SPD) steht Sommer an diesem Montag in Frankfurt vor Gericht. Allerdings nicht als Angeklagter, wie das die knapp 17.000 Telekomgeschädigten gerne gesehen hätten. Sie fordern von der Telekom Schadenersatz für den rapiden Kursverfalls ihrer Aktien. Die Kläger hatten im Juni 2000 - angeblich verführt von Sommer und einer Werbekampagne mit dem Schauspieler Manfred Krug - beim dritten Börsengang des Unternehmens 66,50 Euro pro Aktie bezahlt. Zwei Jahre später waren die Papiere nur noch 8,14 Euro pro Stück wert.

Ihre Wut über das verlorene Geld und den mutmaßlich dafür verantwortlichen Konzernchef war und ist groß. Der heute 59 Jahre alte promovierte Mathematiker stand deshalb zeitweise unter Polizeischutz und wurde vom Oberlandesgericht (OLG) nun als Zeuge geladen. Sommer, einst Popstar unter den Konzernvorständen, sollte dem Gericht erklären, warum der Anlegerprospekt damals nichts über einen Megadeal enthielt, der kurz bevorstand: Denn nur einen Monat nach dem dritten Börsengang kaufte die Telekom ihren amerikanischen Konkurrenten Voicestream (USA). Die Telekom bezahlte für Voicestream ruinöse 39 Milliarden Euro. Danach wuchs der Schuldenberg und die Telekomaktie fiel ins Bodenlose.

Wurden die Anleger also getäuscht? Hätten sie keine Telekomaktien geordert, wenn sie vorher gewusst hätten, dass Sommer das US-Unternehmen für so viel Geld kaufen wollte? Das Gericht will diese "Kernfragen" klären. Ron Sommer wies alle Vorhaltungen der Klägeranwälte zurück. Vorstand und Aufsichtsrat der Telekom hätten dem Kauf von Voicestream erst Ende Juli 2000 zugestimmt, sagte Sommer bestimmt. Im Juni dagegen seien die Verhandlungen noch voll im Gange gewesen, so dass von einem konkreten Ergebnis nicht habe berichtet werden können - und schon gar nicht in einem Anlegerprospekt. An Details könne er sich aber nicht erinnern. Schließlich sei er ja "kein lebender Kalender", sagte Sommer dem Gericht.

Die Erfolgsaussichten der Kläger tendieren nun gegen null. Schon am ersten Verhandlungstag hatten sie eine erste Niederlage erlitten. Da weigerte sich die Kammer, die nach Auffassung der Kläger im Börsenprospekt als zu hoch bewerteten Immobilien der Telekom in dem Verfahren zu berücksichtigen. Etwas niedriger bewertete Immobilien, so die Überzeugung des Vorsitzenden Richters Christian Dittrich, hätten in den Jahren des Börsenbooms keine potenziellen Interessenten vom Kauf der "Volksaktie" abgehalten.

Der Prozess wird dennoch weitergehen. Die Anwälte verlangen Einsicht in Akten aus den USA und wollen noch elf weitere Zeugen hören.

Und Ron Sommer? Der fiel 2002 zwar tief - aber auf die Füße. Als Beruf gab er vor Gericht "Aufsichtsrat" an. Diverse Mandate und Beraterverträge sichern ihm heute weiter einen hohen Lebensstandard.

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