Wachsende Spannungen in Ruanda: Symbolträchtiger Mordanschlag

Bei einem Angriff auf das Völkermorddenkmal in Kigali werden zwei Menschen getötet. Unter Verdacht: demobilisierte Hutu-Kämpfer. Wachsende Spannungen zwischen Hutu und Tutsi.

Der Betrieb geht weiter im Genozidmuseum in Kigali: Tags zuvor starben hier zwei Menschen bei einem Granatenanschlag. Bild: reuters

KIGALI taz Die Polizei in Ruanda hat Sicherheitsvorkehrungen in der Hauptstadt Kigali verschärft, nachdem zwei Menschen bei Angriffen auf Völkermordgedenkveranstaltungen ums Leben kamen. Am vergangenen Wochenende ging in Ruanda die alljährliche Trauerwoche zu Ende: Jeweils ab dem 7. April wird dabei der mehr als 800.000 Toten des Genozids von 1994 gedacht. Am vergangenen Donnerstagabend starb ein Polizist, als ein unbekannter Täter eine Handgranate auf die Wache der zentralen Völkermordgedenkstätte Gisozi in Kigali warf. Ein weiterer Polizist wurde verletzt. Der Täter, der zu Fuß gekommen war, konnte entkommen.

Es war der erste Anschlag auf die Gedenkstätte Gisozi, die 2004 zum 10. Jahrestag des Völkermords eröffnet worden war und wo neben einer vor allem für ausländische Besucher konzipierte Ausstellung die Überreste von rund 250.000 Menschen in schlichten Massengräbern beigesetzt sind. Gisozi ist während der Gedenkwoche Ort zahlreicher offizieller Veranstaltungen.

In einem weiteren Vorfall in Kigali raste am Donnerstag ein Auto in eine Studentenprozession, die gerade einen Kranz für massakrierte Studenten niedergelegt hatte. Ein Student wurde getötet. Während der dafür verantwortliche Autofahrer festgenommen werden konnte, fehlt den Behörden im Falle des Anschlags auf Gisozi jede Spur. Es wird erzählt, der getötete Polizist sei selbst ein Genozidüberlebender gewesen.

In Ruanda starben zwischen April und Juni 1994 mehr als 800.000 Menschen. Die Tutsi-Rebellenbewegung Ruandische Patriotische Front (RPF) vertrieb das Hutu-Regime im Juni in den benachbarten Kongo und regiert Ruanda seitdem unter Präsident Paul Kagame. Hutu-Milizen unter Kontrolle von Völkermordverantwortlichen sind bis heute im Osten Kongos aktiv. In jüngster Zeit nehmen Gewaltakte innerhalb Ruandas wieder zu.

Der Völkermordüberlebendenverband Ibuka, der die den Massakern entkommene Tutsi vereint, spricht von acht Mordanschlägen auf Überlebende in den vergangenen drei Wochen. Er verlangt von der Regierung besseren Schutz für die Überlebenden. In den letzten Jahren hat Ruanda den Großteil der Häftlinge, die unter Verdacht der Beteiligung an Massakern gegen Tutsi im Gefängnis saßen, wieder freigelassen und zur juristischen Aburteilung vor Dorftribunale geschickt, sogenannte "gacaca". In diesem Rahmen leben einstige Täter und Opfer nun wieder zusammen in ihren Gemeinden, was für Spannungen sorgt. Außerdem sind ruandische Hutu-Kämpfer aus dem Kongo nach Ruanda zurückgekehrt, um sich demobilisieren zu lassen; sie werden nach dreimonatiger Umschulung in die Gemeinschaft entlassen, aber es ist schwer zu überprüfen, ob sie nicht den bewaffneten Kampf nach Ruanda hineintragen wollen. Mehrere parlamentarische Untersuchungskommissionen in Ruanda haben in den vergangenen Monaten vor einem Wiedererstarken der Ideologien gewarnt, die dem Völkermord zugrunde lagen, dem Gegensatz zwischen Hutu und Tutsi.

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