Kontroverse um Olympiaboykott: Kakofonie in Paris

Die französischen Spitzenpolitiker sind in der Boykottfrage der Spiele gespalten bis widersprüchlich.

Auf den Straßen von Paris wird unverblümt ein Olympiaboykott gefordert. Die Politik verhält sich ambivalenter. Bild: dpa

PARIS taz "Alle Optionen sind offen", sagt der Staatspräsident. Und signalisiert, dass er notfalls bereit ist, die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiel in Peking zu boykottieren. "Selbstverständlich", so versichert der Elysée-Palast, werde er das in Absprache mit den anderen EU-Staaten tun. Frankreich hat im August den Ratsvorsitz. "Seien wir nicht tibetischer als die Tibeter", mahnt dagegen Bernard Kouchner. Der Sozialdemokrat, der während des längsten Teils seiner Karriere weltweit das "Recht auf humanitäre Einmischung" verteidigt hat, predigt als Außenminister eine Realpolitik, die China "nicht kränken" soll.

"Nicolas Sarkozy nimmt an der Eröffnungszeremonie teil, wenn Peking drei Bedingungen erfüllt", erklärt die Staatssekretärin für Menschenrechte am Samstag: "das Ende der Gewalt im Tibet, die Befreiung der politischen Gefangenen und ein Dialog mit dem Dalai Lama." Am Sonntag rudert Staatssekretärin Rama Yade zurück. Sie bestreitet, dass sie das Wort "Bedingungen" benutzt habe.

Die Kakofonie zum Thema Olympiaboykott spaltet die politische Spitze in Paris. Zu der Verwirrung trägt bei, dass Sarkozy zwar im Wahlkampf die weltweite Verteidigung der Menschenrechte versprochen hat. Doch seither hat er das Thema - zumindest gegenüber China - hintan gestellt. Als Sarkozy 2007 nach Peking reiste, wurde er zwar von den Spitzen der französischen Atomindustrie, des Eisenbahnbaus und anderer Großunternehmen begleitet. Doch die Menschenrechtsstaatssekretärin Yade musste zu Hause bleiben.

Uneinigkeit zu dem heiklen Thema Olympia spaltet auch die Opposition. Expräsidentschaftskandidatin Ségolène Royal, die bei einer Chinareise im Wahlkampf die "Effizienz" der chinesischen Justiz gelobt hatte, verlangt jetzt: "Man muss damit drohen, nicht nur die Eröffnung, sondern die kompletten Spiele zu boykottieren." Andere PS-SprecherInnen hingegen halten den "politischen Boykott" für das Maximum des Möglichen. In der Bevölkerung insgesamt wächst die Anti-Olympia-Stimmung ständig. Am Wochenende erklärten 62 Prozent der FranzösInnen in einer Umfrage von CSA, sie möchten, dass ihr Staatspräsident die Eröffnungszeremonie in Peking boykottiert. DORA

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