Hessen-Wahl ungültig?: Chaos Computer Club ficht Wahl an

Weil mit manipulierbaren Maschinen abgestimmt wurde und Wahlhelfer Beobachter ausgesperrt haben, zieht der Chaos Computer Club vors Wahlprüfungsgericht.

Die Stimmabgabe per Wahlcomputer sei manipulierbar - und nicht nachzählbar, kritisiert der CCC. Bild: dpa

BERLIN taz Der Chaos Computer Club will durchsetzen, dass die Hessen-Wahl in acht Gemeinden wiederholt wird. Deshalb hat er vor dem Wahlprüfungsgericht Einspruch gegen die Wahl vom 27. Januar erhoben. Durch den Einsatz von Wahlcomputern seien in sieben Wahlkreisen die Grundsätze der Öffentlichkeit und Amtlichkeit verletzt worden, heißt es in der schriftlichen Begründung, die der taz vorliegt.

Darüber hinaus sei den vom Computer Club entsandten Wahlbeobachtern in mehreren Gemeinden der Zutritt zu Wahllokalen verweigert worden, was eine "Verletzung einfachen Wahlrechts" darstelle.

Bereits vor der hessischen Landtagswahl hat der CCC beim hessischen Staatsgerichtshof eine einstweilige Anordnung gegen den Einsatz von Wahlcomputern beantragt. In sieben Wahlkreisen waren rund 100.000 Stimmberechtigte zur Wahl an die Tasten gebeten worden. Die Rechner zählen das Ergebnis in Sekundenschnelle aus.

Der Chaos Computer Club lehnt den Einsatz von Wahlmaschinen jedoch ab: Sie ermöglichten Manipulationen, außerdem könne das Ergebnis hinterher niemand nachzählen, wie es bei einer Wahl mit Stimmzetteln möglich ist. Der Staatsgerichtshof von Hessen hatte den Eilantrag mit der Begründung abgelehnt, man könne die Wahl erst nach der Abstimmung im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens anfechten. Genau das hat der CCC jetzt getan. "Nicht nur der Einsatz der Computer selbst war rechtswidrig", sagte Constanze Kurz, Sprecherin des CCC, "auch die Begleitumstände waren höchst zweifelhaft."

In der Gemeinde Niedernhausen etwa seien die eingesetzten Wahlcomputer Politikern nach Hause geliefert und dort bis zum Wahltag privat gelagert worden, heißt es in der Einspruchsbegründung. Dies sei ein Verstoß gegen das Wahlgesetz. "Absolut haarsträubend", findet das die CCC-Sprecherin Kurz.

In der Begründung zu dem Einspruch heißt es, jedem Bürger müsse unmittelbar vor, während und nach dem Wahlakt Zugang zum Wahllokal gewährt werden, um den Auf- und Abbau der Geräte und auch die Ergebnisermittlung zu beobachten. Andernfalls werde das Prinzip der Öffentlichkeit von Wahlen verletzt und dies sei "stets ein grundlegender Verfahrensmangel, der eine Anfechtung der Wahl rechtfertigt". Am gravierendsten wiegen für den CCC jedoch die prinzipiellen Gefahren, die er mit dem Einsatz von Wahlcomputern verbunden sieht: "Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl wurde durch den Einsatz von Wahlcomputern verletzt, weil die Korrektheit der Stimmenzuordnung zu den einzelnen Kandidaten und Parteien für die Öffentlichkeit nicht überprüfbar ist."

Auch das Prinzip der Amtlichkeit sei durch den Computereinsatz verletzt worden, weil die Behörden lediglich an Mustergeräten überprüft hätten, ob sie funktionieren. Ob tatsächlich eingesetzten Maschinen mit den überprüften Mustern baugleich waren, sei nicht geprüft worden.

Ob es selbst bei Anerkennung der Mängel tatsächlich zu einer Wiederholung der Wahl käme, ist nach Expertenmeinung fraglich. "Dies wäre nur bei evidenten Fehlern möglich, die tatsächlich Einfluss auf die Sitzverteilung haben", sagte der Berliner Rechtsprofessor Ulrich Battis von der Humboldt-Universität. Er halte das für unrealistisch. "Das Wahlprüfungsgericht wird die Sachverhalte jetzt in Ruhe prüfen und rechtlich bewerten", kündigte der stellvertretende hessische Wahlleiter Rolf Meireis an. "Sollte es Mängel geben, kann der Landtag das Wahlgesetz korrigieren." Auf ein schnelles Urteil sollte der Computer Club jedoch nicht hoffen. "Ein Ergebnis in sechs bis acht Monaten wäre ein außerordentlich schnelles", sagte Meireis.

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