Mecom steigert erwartungsgemäß Profitabilität: Noch mehr Rendite!

Der Mecom-Konzern hat die Profitabilität gesteigert - die Redaktion der "Berliner Zeitung" sieht angesichts dessen keinen Grund, weiter zu sparen. Montgomery aber schon.

Die angepeilten und von Redakteuren als absurd empfundenen 18 bis 20 Prozent Rendite sind noch nicht erreicht. Bild: dpa

Am Donnerstag hat sich Norbert Lammert kritisch zu Wort gemeldet. Themen: gierige Manager, wortbrüchige Politiker, profitorientierte Medieninvestoren. Lammert meldet sich gelegentlich zu Wort, das gehört zu seinem Job als Bundestagspräsident - bemerkenswert aber war der Platz, an dem er vor allem seine Medienkritik ausbreiten durfte: die Berliner Zeitung. Am Tag, an dem David Montgomery, Chef der Mecom-Gruppe, zu der die Zeitung gehört, in London die Geschäftszahlen für 2007 vorstellte.

Ob er Folgen für die Wächterfunktion von Medien sehe, "wenn sie den Interessen von Finanzinvestoren anheim fallen", wurde Lammert gefragt. Seine Antwort: "Es gibt einen generellen Trend, den ich mit Unbehagen registriere und der leider zunehmend auch die Medien erreicht. Das ist die wachsende Emanzipation der Kapitaleigner von den jeweiligen Produkten oder Dienstleistungen zugunsten reiner Renditeerwartungen." Schwer vorstellbar, dass einige Redakteure der Berliner Zeitung bei der Lektüre nicht David Montgomery vor Augen hatten. Sie hatten den Mecom-Chef für seine Sparpolitik heftig kritisiert und zum Verkauf aufgefordert.

Was die Zahlen von Mecom betrifft: Der Konzern hat die Profitabilität gesteigert und weist einen Jahresumsatz von 1,8 Milliarden Euro aus, in Deutschland 142 Millionen Euro (2006 waren es 133 Millionen). In Deutschland ist die Renditemarge damit von 11,8 auf 13,8 Prozent gestiegen. Im April soll die Börsennotierung des Konzerns vom Alternative Investment Market der Londoner Börse auf den Main Market verlagert werden, um für mehr Investoren interessant zu werden. Der Fokus werde nun auf "organischem Wachstum" liegen, sagte Montgomery. "Es ist unwahrscheinlich, dass wir in naher Zukunft in großem Stil in einem weiteren Land tätig werden." Man sei "zufrieden mit den Ländern", in denen man tätig sei.

Die Frage bleibt, was das für die deutschen Redaktionen - zur Mecom gehören Berliner Zeitung, Berliner Kurier und Hamburger Morgenpost - bedeutet. "Für uns ist von Interesse, noch einmal belegt zu bekommen, dass wir ein gesundes, florierendes Unternehmen sind und dass keine Notwendigkeit besteht, weitere Sparorgien vorzunehmen", sagte am Donnerstag Thomas Rogalla, der Sprecher des Redaktionsausschusses der Berliner Zeitung. Zu Sparplänen wollte sich Montgomery im Gespräch nicht äußern. In seinem Bericht ist aber von weiteren Kostenreduzierungen die Rede - die angepeilten und von den Redakteuren als absurd empfundenen 18 bis 20 Prozent Rendite jedenfalls sind nicht erreicht.

Montgomery wiederholte aber, was er schon vor kurzem gesagt hatte: dass in Deutschland ein neues Redaktionssystem angeschafft werden solle - ein Eingeständnis an die Redaktion. Er wisse, sagte Montgomery, dass gerade in Deutschland die Sorge bestehe, "dass die Qualität dadurch beeinträchtigt wird, dass Journalisten für Print- und Onlineausgaben zugleich arbeiten". In vielen Ländern, in denen Mecom auf dem Medienmarkt aktiv sei, sei das akzeptiert worden - "nur in Berlin gab es diesbezüglich Unschlüssigkeit". Beim Plan, Online und Print zu vernetzen, bleibe es aber. Die Berliner Redakteure kritisieren freilich vor allem, dass dies mit den bestehenden technischen Möglichkeiten nicht möglich sei.

Die Kritik der Redaktion an der Doppelfunktion von Chefredakteur und Geschäftsführer Josef Depenbrock wies Montgomery erneut zurück. Manager, die Journalisten seien, "sind selbst Journalisten, daher auf der Seite von Journalisten", sagte er. Die Doppelfunktion sei "ein Schutz für die Qualität", "keine Bedrohung". Die Redakteure sehen das nach wie vor anders: Sie haben Feststellungsklage eingereicht. Sie sind der Meinung, die Doppelfunktion verstoße gegen das Redaktionsstatut.

Und auch sonst sind längst nicht alle Uneinigkeiten beseitigt. In London hatten die Gewerkschaften Ver.di und Deutscher Journalisten-Verband am Mittwoch mit der National Union of Journalists (NUJ) gegen die "ausschließliche Renditeorientierung" bei Mecom protestiert. Und NUJ-Präsident Jeremy Dear hatte die Gewerkschaften zu mehr internationaler Zusammenarbeit aufgefordert: "Gerade weil Medienunternehmen heute über internationale Grenzen hinweg verkauft werden, ist dies wichtig, um die Konzerne für ihre Geschäftspolitik verantwortlich machen zu können."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.