Interview zum Bogenschießen: "Von einem traurigem Vorfall profitiert"

Cluburlaub in Spanien mit der Nationalmannschaft der Bogenschützen: Trainer Falk Thiele über sein Laienseminar und den jüngsten Boom seiner Sportart.

"Bei uns ist jeder willkommen. Man benötigt keine besondere körperliche Konstitution." Bild: dpa

taz: Herr Thiele, wie kamen Sie auf die Idee, Urlaubern eine Trainingswoche mit der Nationalmannschaft anzubieten?

Falk Thiele: Ich wollte dem Otto-Normalschützen ermöglichen, mit Spitzensportlern zusammen zu trainieren und sich austauschen zu können. Ich möchte so viel Wissen über das Bogenschießen streuen, wie es nur geht.

Bei anderen Sportarten wäre ein Urlaub mit der Nationalmannschaft ein echter Renner.

Dieser Beliebtheit laufen wir noch hinterher.

Wer eignet sich besonders gut für Pfeil und Bogen?

Bei uns ist jeder willkommen. Man benötigt keine besondere körperliche Konstitution. Der älteste Bogenschütze, den ich kenne, war 75 Jahre alt, der jüngste mit 2 ¾ Jahren mein eigener Sohn. Es ist auch keine besondere Fitness erforderlich. Der Weltmeister von 1997 war 56 Jahre alt und hatte ein Körpergewicht von 124 Kilogramm. Man muss nicht wie Adonis aussehen.

Wer kommt zu Ihnen?

Die Spanne reicht vom Anfänger bis zum Topschützen. Meist kommen Bogenschützen, die merken, dass sie auf ihrem Niveau nicht weiterkommen.

Wie viele Urlauber betreuen Sie denn gerade?

Es sind etwa 20 Teilnehmer, die die ganze Woche mittrainieren.

Lohnt sich dieses Angebot für Sie und die Nationalmannschaft finanziell?

Nein. Wir bekommen vom Veranstalter lediglich unseren Flug und die Unterkunft bezahlt. Wir tun das aus purem Idealismus.

Was kann ein Anfänger bei Ihnen in einer Woche lernen?

Die grundlegenden Dinge. Wenn der Anfang falsch gelernt wird, ist das fatal. Besser als bei der Nationalmannschaft kann man es nicht vermittelt bekommen. Ich und meine sechs Schützen schauen jedem genau über die Schultern.

Sind Anfänger, die sich vom Nationalteam einweisen lassen, besonders ehrgeizig?

Das kommt schon vor. Einmal kam eine Mutter mit ihrer Tochter zu uns. Beide blutige Anfänger. Sie hatten sich extra für den Urlaub einen Holzbogen für 79 Euro gekauft. Die 14-jährige Tochter hatte ein klares Ziel. Sie sagte, sie wolle einmal zu den Olympischen Spielen. Dann stellte sich jedoch heraus, dass ihre Mutter viel talentierter war als die Tochter.

Hat sich schon einmal ein Urlauber für Ihren Nationalkader empfehlen können?

Nein. So einfach geht das nicht. Bogenschießen ist komplex. Studien haben ergeben, dass nur die Sportart Golf noch größere technische Anforderungen an den Menschen stellt.

Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung des Bogensports in Deutschland?

Bogenschießen hat von einem traurigen Vorfall aus dem Jahre 2002 profitiert. Nach dem Amoklauf des Schülers Robert Steinhäuser in Erfurt wurden die Auflagen für Gewehr- und Pistolenvereine so extrem verschärft, dass denen die Jugend komplett abwandert ist. Die Vereine haben reihenweise Bogensparten eröffnet, um diese Verluste aufzufangen. Ich führe selbst ein Bogengeschäft und habe Umsatzsteigerungen von 15 Prozent pro Jahr.

INTERVIEW JOHANNES KOPP

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