Kommentar Koalitionen: Die bunte Republik

Hessen und Hamburg zeigen: Die politische Landkarte wird bunt, nicht rot, Sach- und Identitätspolitik werden neu vermischt. Allein die SPD macht keinen guten Eindruck.

War Hessen der Dammbruch, dem nun überall rot-rote Bündnisse folgen - sogar 2009 im Bund? Dieses Szenario malen viele Konservative an die Wand, aber es stimmt nicht. Schaut man sich die Verhältnisse in Hessen und Hamburg genau an, zeigt sich: Die politische Landkarte wird bunt, nicht rot. Auf Länderebene scheint ein Flickenteppich von pragmatischen Bündnissen zu entstehen, mal rot-rot, mal schwarz-rot, mal schwarz-grün gefärbt.

Die Blöcke Rot-Grün und Schwarz-Gelb bekommen Risse. Dies führt zu einer neuen Mischung von Sachpolitik und Identitätspolitik. Wahlkämpfe werden hitzig und hysterisch geführt, danach tut man unideologisch, was zu tun ist. Gerade weil die klaren Lagergrenzen eher verwischen, werden immer mal wieder eruptionsartig ideologische Gefechte inszeniert, mit denen man die eigene Klientel hinter sich schart. Die Kampagne gegen die SPD ist ein Anzeichen für diesen Trend.

Die SPD macht in diesem Spiel allerdings wirklich keinen guten Eindruck. Sie hat sich unbeliebt gemacht - nicht weil sie die Mauer zur Linkspartei niedergerissen hat, sondern weil sie in Hessen Wortbruch begangen hat. Man mag einwenden, dass Ypsilanti doch von zwei schlechten Möglichkeiten nur die weniger schlechte gewählt hat. Und dass manche Medien diesen Wortbruch maßlos vergrößert und mit alten Ängsten unterfüttert haben. Beides stimmt. Aber ein Wortbruch bleibt es.

Auch SPD-Chef Kurt Beck ist nicht so unbeliebt, weil er sehr spät doch noch begriffen hat, dass sein Nein zur Linkspartei die SPD ruiniert. Man misstraut ihm vielmehr, weil seine Kurswechsel so unberechenbar wirken. Und Berechenbarkeit ist, gerade in der zerklüfteten, unwägbaren neuen politischen Landschaft, ein wichtiges Gut.

Die SPD beteuert nun erst recht, dass sie 2009 im Bund nicht mit der Linkspartei zusammenarbeiten wird. Außenpolitisch trennen Linkspartei und SPD Welten. Die SPD wird sich kaum auf einen Rückzug aus Afghanistan einlassen - während die Linkspartei ihren recht thesenhaften Pazifismus als Kitt für die eigene Identität braucht. Ein Bündnis im Bund ist 2009 mehr als unwahrscheinlich. Die Pointe ist: Glauben wird der SPD dies niemand.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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